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01.05.2011

Propaganda im JustauCorps

Ich gebe es ja ungern zu, aber ich habe nicht alle Bücher gelesen, die so auf meinen diversen Examensbibliographien aufgetaucht sind - oder zumindest habe ich sie nicht so gelesen, wie es ihnen zugekommen wäre.;)
Manchmal muss man eben Prioritäten setzen und - gerade für mündliche Prüfungen - auch das mentale Fassungsvermögen berücksichtigen. Man (bzw. ich;) kann sich nicht immer alles merken, grade in Geschichte...
So kommt es, dass ich erst letztlich auf die Idee kam einigen dieser Bücher, die leider im Maelstrom der ganzen Magisterlernerei untergegangen sind, ein wenig nachträgliche Aufmerksamkeit zu widmen.
Den Anfang macht heute damit eine interessante Abhandlung von Peter Burke: Die Inzenierung des Sonnenkönigs
Man kann sich vielleicht vorstellen, warum so ein spezialisiertes Thema im Lernprozess zum Sammelsurium "Ludwig XIV" ein wenig zu kurz kommen muss. Aber gekauft habe ich es mir trotzdem, denn an sich finde ich es sehr interessant wie sich Methoden und Mechanismen verändern - oder gleichen!

Auch wenn ich mir den alten Ludwig zum Einschlafen neben das Bett gelegt habe (sorry, Sonne macht albern;), habe ich mich aktiv gegen das Label "Bettleküre" entschieden, denn hier findet man wirklich kaum noch Zugeständnisse an ein Amateurpublikum und sollte sich daher dieses Buch nur dann kaufen, wenn man a) schon ein wenig Vorkenntnisse in europäischer Geschichte hat und/oder b) sich WIRKLICH für die barocke Versailles Theaterkulisse interessiert. Ich sage das nicht, um meinem Akademiker-Vorurteil zu entsprechen und nicht-Historiker von historischen Abhandlungen fernzuhalten, sondern nur, um zu verhindern, dass mich irgendwann entrüstete Rückmeldungen erreichen, wie ich denn ein so verklausuliertes, komplexes Buch als Nachttischlektüre empfehlen könnte! Tue ich hiermit nicht, aber ein gutes Buch ist es trotzdem!;)

Auch wenn ich der Meinung bin, man kann auch wissenschaftliche Abhandlungen ein ganz klein wenig weniger akademisch verfassen - ja, ich bin eine Schande für die Wissenschaft, aus Überzeugung!;) - und ein klein wenig mehr berücksichtigen, dass sich vielleicht nicht alle Menschen mit Absolutismusforschung auskennen, muss ich doch sagen, dass ich viele interessante Erkenntnisse von Herrn Burke übernehmen werde.
Was mir besonders an dieser Art von Kulturgeschichte gefällt, ist der durchaus weitgefasste Ansatz: Hier fließen munter Mediengeschichte, Herrschaftsforschung, Soziologie, Numismatik, Literatur- und Theaterwissenschaften zusammen und es wird tatsächlich versucht ein umfassendes Gesellschaftsbild zu konsturieren, in dem ein solcher Personenkult tatsächlich funktionieren kann.
Besonders interessant sind dabei auch gerade die vergleichenden Seitensprünge zu anderer großen Herrschern/Diktatoren und deren Propaganda.
(Besonders schön: Im Gegensatz zu beispielsweise der "ewigen Jungfrau" Elisabeth I. durfte Ludwig auf seinen Porträts "diskret altern" und wurde irgendwann sogar zahnlos dargestellt. Alles eine Frage der Interpretation, denn natürlich hat er seine Gesundheit und seine Lebenskraft nur seinem Land geopfert, man muss das nur richtig hinbiegen!;)

Auch für Freunde einer eher gegenwartsorientierten Geschichte müsste zumindest das interessant sein - überraschend viele "moderne" Herrscher wollen nämmlich immer noch Alexander der Große oder Herkules, die Sonne oder Mars oder sonstwer sein - Zeiten ändern sich, Menschen eher weniger!;)
Und natürlich ist auch die Anti-Propaganda eine große Freude - damals waren politische Karrikaturen tatsächlich noch witzig, da durfte man sich nämlich noch völlig politisch-unkorrekt über persönliche Verfehlungen lustig machen. Mein persönlicher Liebling hier ist das Bild von einem alten Cäsar, der in einem Streitwagen von seinen 4 Frauen vom matschigen Schlachtfeld gezogen wird...Ein Schelm, wer Böses dabei denkt!;)

Insegesamt vergebe ich für meinen intellektuellen Lesespaß, der an einigen Stellen für mich aber weniger akademisch vollgestopft hätte sein dürfen, solide 4 von 5 Ehrenmedallien!

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