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18.05.2013

How To: Rockige Resteverwertung

Habe ich schonmal erwähnt, dass manche Dinge seeeehr lange in meinem Schrank verbringen, ohne fertig zu werden? In den letzten 2 Posts nicht? Gut!;-)

Zugegebenermaßen brauchen aber die meisten Dinge auch nicht ganz so lang wie dieses Projekt, um fertig zu werden - es ist sogar schon so alt, dass ich tatsächlich überlegt hatte mir den Post bis zum 1000. Eintrag oder sowas aufzuheben, denn außer seiner langen Vorlaufgeschichte ist dieses How To auch in anderer Hinsicht einzigartig:
Ich glaube es ist der erste völlig und grundlegend alltagstaugliche Post aus der Näh- und Kostüme-Ecke. Und ich bin nur zufällig drauf gekommen, weil ich vom meinem Dear Octopus Edwardian-Kleid noch soviel Stoff übrig hatte...ich bitte die Analysen der tieferen Aussage dieser Tatsache über meinen seelischen Gesamtzustand zu unterlassen!;-)

Wie man sich einen einfachen, ausgestellten Rock zusammenbastelt, hatte ich ja bei Miss Tudor schonmal erklärt - für die alltagstaugliche Variante bevorzuge ich aber den leicht ausgestellten Rock in Knielänge und mit ein paar sauberen Abmessungen. Zugbänder sollten als Verschluss nur an Trainingshosen und anderen Dingen vorkommen, die niemals im Alltag zum Einsatz kommen und/oder von 5kg anderen Stoffschichten überdeckt werden!;-)



Schritt 1: Schnittmuster
Ich weiß, Mathe ist ein Arschloch und bekanntermaßen nicht mein stärkster Punkt, aber wenn es um sauberere Abmessungen geht, kommt man eben nicht drum herum...
Zum Glück besteht das "Schnittmuster" für diesen Rock aus genau einem Stück, für das wir zunächst mal die folgenden 2 Maße brauchen:
- Taillen/Hüftumfang (da gemessen, wo man seine Röcke/Hosen gern trägt, das mag ja variieren:)
- Länge vom gewählten Bund-Punkt zum Knie (oder wo auch immer der Rock aufhören soll - ich empfehle 2cm unterm Knie, wie bei jedem guten Chanel-Kostüm;)

Dann muss man geringfügig rechnen und den gemessenen Hüftumfang durch die Anzahl von gewünschten Rock-Keilen teilen - je mehr Keile man fabriziert, desto glockenförmiger fällt der Rock, aber weniger/mehr als 4-8 sollte man wohl nicht machen. Ich habe oben 5 vernäht, 6 wären mir lieber gewesen für die Symetrie, aber ich hatte ja nur Rest-Stoff...
Also lautet die Rechnung in diesem Fall Hüftumfang : 5 = Obere Breite unseres Schnittmuster-Keils
Für die untere Breite verdoppeln wir diesen Wert.

Dann nehme man ein großes Stück Papier - oder klebe mehrere zusammen, wie hier demonstriert, weil ich grade kein Zeitungspapier hatte;-) - und zeichne die obere Breite auf. Von der Mitte(!) dieses Strichs zeichnen wir dann eine 90° Linie (!) in der Länge, die wir für Bund-Knie gemessen haben.
Der Endpunkt dieser Linie bildet die Mitte (!) unserer unteren Breite, die wir jetzt noch parallel (!) zur oberen Breite einzeichnen.
Danach vebinden wir die Endpunkte der beiden Punkte und haben unseren Rock-Keil produziert.
Ich entschuldige übrigens die inflationäre Benutzung von Ausrufezeichen an dieser Stelle, aber auch wenn Nähen keine exakte Wissenschaft ist, sollte man hier wirklich gewissenhaft messen und zeichnen - das Endergebnis wird es danken!

Schritt 2: Zuschneiden
Vieviel Stoff man für diese Rock-Variante benötigt, hängt natürlich stark von den eigenen Körpermaßen ab und auch vom Stoff (Muster sind immer tricky...), daher kann ich dazu jetzt gar nicht soviel sagen - ich fürchte man wird auch da wieder ein wenig rechnen müssen...Und immer schön an die Nahtzugaben an jeder Seite denken!:-)
Für mein Selbst-Experiement, hatte ich sowohl noch Ober-, wie auch Futterstoff übrig, also musste ich insgesamt 10 Keile ausschneiden - 5x blau und 5x beige.

Schritt 3: Form und Verschluss
Wie sich die Keile zusammenfügen, erschließt sich hoffentlich ein wenig von selbst, daher begnüge ich mich mal damit daran zu erinnern, dass es vorteilhaft ist an einer Naht ca. 10-15cm zum oeren Rand hin offen zu lassen, damit da noch der Reißverschluss eingesetzt werden kann! Am Ende dieses Arbeitsschrittes sollten wir aber erstmal 2 einzelne Röcke zusammen haben, die wir jetzt Innenseite gegen Innenseite zusammenpinnen und am oberen wie unterem Saum vernähen können.
Zuletzt kann man sich dann noch um den Reißverschluss kümmern - immer schön alle Saumzugaben umschlagen und sauber einnähen - ich bin zwischendurch auf Handarbeit umgestiegen, mir war das mit der Maschine zu fiddelig!;-)

Schritt 4: Schönheitsreparaturen
Prinzipiell sollte das eigentlich reichen, um ein tragbares Ergebnis zu prouzieren - ich hatte allerdings mit zwei Problemen zu kämpfen:
Zum einen war an einigen Stellen mein Futter-Stoff-Rock länger geraten, als der Oberstoff-Rock (kann bei schlechtem Augemaß bei den Nahtzugaben schon mal vorkommen...), was dazu führte, dass das Futter an einigen Stellen zu sehen war:

Zum anderen hatte ich leider die eine oder andere sehr unschöne Naht produziert - auch das passiert, wenn man zwar ganz genau rechnet und sein Muster zuschneidet, aber eben den Stoff nicht genauso gewissenhaft gerade zuschneidet...

Zum Glück kommen hier die zwei Prinzipien, die ich letztlich schonmal im Häkel-Post erwähnte zum vollen Einsatz:
1. Keine Sau interessiert, wie die Innenseite aussieht!
Gut, mag für Perfektionisten jetzt nicht so zutreffen, aber da ich glücklicherweise frei von solchen Behinderungen bin, habe ich die überstehenden Futterstreifen einfach umgeklappt und per Hand umgenäht - hier nur vorsichtig sein, dass man beim Nähen wirklich nur Futter an Futter fixiert, damit man am Ende nicht umschöne Stiche auf dem Oberstoff sieht!

2. Tu a bissele Borte drauf, dann wird das schon wieder!
Es geht doch nicht, über ein wenig Spitze, Posament oder andere nette Aufnäher, um so zu tun, als wäre eine schiefe Naht total Absicht gewesen...;-)
In diesem Fall fand ich Borte sah komisch aus, daher sind es kleine Schmertterlings-Aufnäher geworden - gibt es zum Aufbügeln als Flicken in 10.000 denkbaren Varianten, Blumen,Tiere, Logos, Totenköpfe, was immer gerade gefällt.
Ich traue dem Aufbügel-Prinzip nicht wirklich, aber ein paar Stiche stellen auch hier sicher, dass beim Waschen alles bleibt, wo es soll.

Und "schon" fertig! Ehrlich, ich weiß auch nicht, warum sowas immer solche Ewigkeiten in irgendwelchen Ecken verschwindet...soviel zu tun und so wenig Zeit vermutlich!


Vielleicht mache ich ja aus dieser neuen Alltagtauglichkeit einen neuen Trend...Wär ja mal was Neues!;-)

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