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06.02.2016

Niels Bohr. Oder: Wie es manchmal fehlende Fußnoten nicht besser machen.

Ich habe ja oft und ständig darauf hingewiesen, dass es "populäriwssenschaftliche" Biographien gibt, die ihre Quellenkritik ernst nehmen, dann die, die das angekündigt nicht tun (offiziell oder inoffiziell weil es das Zielpublikum nicht interessiert, ob das nun stimmt oder nicht) und dann gibt es die "verdienstvollen" Zusammenschreib-Biographien, die sich einfach auf eine lange Liste von Vorgängern berufen, um eine bestimmte Sichtweise oder Bewertung zu befördern.

Es hilft mir immer ein wenig, wenn Autoren ein Vorwort verfassen, in dem sie schonmal ihre Methode definieren, dann weiß man auf was man sich einlässt und kann sich entscheiden, ob man das lesen will.;-) Die Biographie von Niels Bohr geschrieben von Ernst Peter Fischer tut das leider nicht, aber ich muss sie vermutlich in der Kategorie "verdienstvoll" einsortieren, auch wenn ich nicht weiß (weil der Autor es mir nicht gesagt hat) wieviel tatsächliche Quellenrecherche tatsächlich darin steckt.
Man kann aber mit Sicherheit voraussetzen, das hier eine Sichtweise - die Philosophische, falls es der Untertitel nicht klar genug verrät;-) - in den Vordergrund gestellt werden soll.


Prinzipiell habe ich kein Problem damit, wenn eine Biographie das "Wirken" eher in den Vordergrund stellt, als das "Leben" an sich, aber in diesem speziellen Fall muss ich leider sagen, bin ich mit dem "Gegenstand" der Darstellung nicht warm geworden.
Man kann dem Autor wirklich nicht vorwerfen, dass er zuwenig Begeisterung für die Person seiner Erzählung mitbringt, aber irgendwie wusste ich am Ende immer noch nicht was für eine Persönlichkeit denn nun Niels Bohr war. Dafür hatte ich viel über Physik-Geschichte und Wissenschafts-Geschichte und "Werk-Geschichte" gelesen, dem ich leider meistens nicht folgen konnte (wenn ich nicht abends vor dem Schlafen lesen würde, wäre ich vielleicht mehr erleuchtet worden, aber Physik ist schon wach für mich ein Buch mit Sieben Siegeln;-) und irgendwie fehlte mir auch die Motiviation, das muss ich dann leider doch dem Autor und seinem Stil anlasten, denn von Teslas Forschung hatte ich auch keine Ahnung und fand die Biographie trotzdem spannend...

Ironischerweise gibt es in dem Buch dazu ein Kapitel, dass sich mit dem Lament befasst, dass wir unter "Bildung" heute immer noch ausschließlich Geisteswissenschaften verstehen - im Beispiel des Autors: Die Sonette von Shakespeare nicht zu kennen, gilt als ungebildet, den 2. Satz der Thermodynamik nicht zu kennen, ist für manche Menschen etwas zum "drauf stolz sein". Als Geisteswissenschaftler mit lauter Geisteswissenschaftler-Freunden kann ich zum Wahrheitsgehalt dieser Unterstellung jetzt wenig beitragen - ich kenne den 2. Satz der Thermodynamik nicht, es beeinträchtigt mein Leben offensichtlich nicht negativ und zufällig mag ich die Sonette von Shakespeare. Die nicht zu kennen hat aber vermutlich auch keine negativen Auswirkungen auf irgendwen.;-)
Trotzdem muss ich auf die inhärente Ironie hinweisen, dass in einer Biographie, die sich kaum mehr als in Nebensätzen mit solchen Dingen wie Persönlichkeit, Familie, persönlichen Beziehungen/Meinungen/Marotten beschäftigt (ich weiß z.B. durch einen Nebensatz, dass einer von 4 Söhnen vor den Augen des Vaters ertrunken ist^^) die Beschwerde geführt wird, dass man Künstler namentlich kennt, Wissenschaftler aber ständig auf ihre Theorien "reduziert" werden. Nach dem Motto: Mozart oder Picasso kennt jeder, aber wer weiß denn wer die Quantenmechanik erfunden hat?

Hm. Könnte das daran liegen, dass die persönlichen Passionen die in so eine Kunst fließen, einfach interessant sind?? Ich muss kein Musikgenie sein, um es faszinierend zu finden, dass Mozart auf dem Totenbett nichts besseres zu tun hatte, als sein Requiem zu schreiben. Wenn ich außerdem kein Talent für Physik oder Mathematik habe, müsste man mir also außer Theorien und Werksgeschichte irgendwas anbieten, was mich dazu bringen könnte, mich an die Namen der Wissenschaftler zu erinnern. Sorry aber so ist das leider.;-)

Ich muss also leider sagen: Hat mir nicht das erzählt, was ich wissen wollte und Streckenweise echt gelangweilt und das ohne jede angeblich so "ermüdende" Fußnote. Mehr als 1,5 von 5 Reagenzgläser kann ich da leider nicht rausrücken.
Jetzt lese ich das Duell im Ewigen Eis und auch wenn ich da auch manches an Methode zu bekritteln habe - fehlende Autoreneinleitung schon wieder - erwarte ich weniger langatmige Vor-Einschlafphasen.;-)

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