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07.11.2015

Marie Antoinette. Oder: Essays in Buchform

Ich hatte noch einen Folge-Artikel zum Thema "Man muss manchmal mehrere Sichtweisen kennen" versprochen und hatte mir zu diesem Zweck nochmal Marie Antoinette geschrieben von Joan Haslip auf den Nachttisch gelegt.


Eine wichtige Unterscheidung, die man im Bereich Biographien (oder eigentlich bei jeder Art von Sachbuch) treffen muss, ist diese:
Ist es die Intention des Autors uns eine neue Sichtweise aufzuzeigen? Falls ja, macht er das gut? Für Beispiele dazu siehe nochmal die Borgias (gut) und Anne Boleyn (naja).
Die andere Art von Buch, die gerade im Bereich Biographie auch oft anzutreffen ist, nenne ich mal "Interpretationswerk", weil es hier wenig um neue Erkenntnisse geht, sondern es ein Autor unternommen hat die vorhandene Literatur zu lesen und sich ein eigenes Bild zu machen, das er jetzt hier aufgeschrieben hat.
Im wissenschaftlichen Bereich, nennt man diese Art von Zusammenschreiben oft "verdienstvoll", was als Euphemismus von "ideenlos" zu verstehen ist. ;-)

Trotzdem kann ich an Interpretationsbüchern nicht wirklich etwas Schimmes finden WENN und FALLS man sich immer darüber im Klaren ist, dass man eben genau das liest: Eine Interpretation historischer Quellen durch einen Autor, die nicht zwingend mit der Realität übereinstimmen muss.
Ich teile daher nicht unbedingt die instinktive Ablehnung mancher Historiker für Bücher, die komplett ohne Fußnoten oder Quellenangaben auskommen - für manche Menschen ist diese Art von Sachbuch genau der Baby-Step weg vom "Historischen Roman", der vielleicht ein Interesse an besser belegter Literatur weckt. Und selbst falls nicht, so what? Ein Interpretationsgefärbtes Annekdotenwissen ist besser als gar kein Wissen und wir können ja nicht alle langweilige Geschichtsbücher mögen.;-)
Trotzdem kann ich Bücher aus dieser Kategorie natürlich nicht in demselben Maß "ernst nehmen" was den wissenschaftlichen Kontent angeht, das ist einfach eine Defintionssache und nicht abwertent gemeint.

Was die Interpretation der Autorin in diesem Fall angeht, wären mir ein wenig weniger Eigenurteile "Sie fühlte sich so und so" und mehr O-Töne (Zitate aus Briefen etc, ich erwähnte es ja schon, es gibt aus dieser Zeit Tonnenweise Material im Vergleich zu anderen Epochen!) lieber gewesen.

Trotzdem kommt man vielleicht in der Kombination ein wenig weiter, denn so einige Dinge, die andere AutrorInnen gerne und oft entschuldigt haben, kommen hier wenig gut weg - vielleicht auch zu Unrecht, darüber kann man sich dann ein Urteil bilden, wenn man mehrere Stimmen gehört hat (oder nicht, ist ja kein Muss;-).

Im Kontext vergebe ich mal 3,5 von 5 Seidenpantoffel, ein bißchen mehr Quelle und weniger Meinung hätte es für mich besser gemacht.

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