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30.10.2013

Expertentum zum Selbermachen

Es ist schon fast ein wenig ironisch, aber während man sich hinten überm Großen Teich fleißig die Köpfe darüber einschlägt, ob eine allgemeine Krankenversicherung denn nun nazi-kommunistisches Gedankengut ist oder nicht, musste ich mich letzte Woche fragen, warum ich eigentlich monatlich etliche Euro meines Gehalts für meine Versicherung ausgebe.

Anlass war ein recht unzufridenstellender Arztbesuch, der eigentlich dazu führen sollte, dass sich die Schmerzen in meinen Händen diesmal nicht monatelang verschleppen. Ich also aus Erfahrung klug geworden, gehe brav frühzeitig zu meinem Hausarzt, um mal darauf hinzuweisen, dass die Zivilisationskrankheit Sehnenentzündung mich wohl wieder ereilt hat.
Erster Kommentar: "Naja aber eine Entzündung holt man sich ja nicht in beiden Händen gleichzeitig."
Dieser Einstieg in ein Gespräch, dass danach nicht besser wurde, ließ mich etwas verwundert zurück, denn wie man sich vielleicht erinnert, habe ich dieses medizinische Wunder tatsächlich schonmal zustande gebracht - und wenn man sich überlegt, dass man für Computerarbeit eigentlich auch beide Hände gleichermaßen braucht, macht das soweit auch "für den Laien" durchaus Sinn, oder?
Wenn ich noch mit Federkiel und Tusche meine Memorien zu Pergament bringen würde, wäre das vielleicht was anderes...

In Kurzform lässt sich das weitere gespräch folgendermaßen Zusammenfassen:
"Wir machen mal ein paar Tests, aber ich glaube nicht, dass dabei was rumkommt - am besten machen Sie einfach ein paar Tage nichts mit den Händen, dann wird das schon besser werden. Soll ich Sie dafür krankschreiben?"
und
"Wenn Sie doch wissen, dass es am Tippen und der Computerarbeit liegt, warum machen Sie dann nicht was anderes?"

Vielleicht bin ich ja ein uneinsichtiger Patient, aber es ist mir leider nicht möglich meine Hände nicht zu benutzen, während ich auf der Arbeit bin - selbst krank geschrieben Zuhause war das nicht so einfach und seeeeehr langweilig!!! - und ich kann leider auch nicht spontan zur Floristin umschulen. Ein wenig stolz auf mich, weil mir diese Schlagfertigkeit tatsächlich im Gespräch selber noch eingefallen war (normalerweise passiert das ja erst, wenn man wieder Zuhause ist) und ansonsten ziemlich unzufrieden zog ich also dann wieder davon, um mir noch 5 Röhrchen Blut abzapfen zu lassen.
Ergebnis: einige leichte Hinweise auf entzündliche Prozesse, aber "nichts was man behandeln müsste".
Soso...und hier war ich, stolz auf mich diesmal schon "im Frühstadium" zum Arzt gegangen zu sein, wo mir doch letztes Mal (allerdings nicht vom selben Arzt, aber vom Kollegen in derselben Praxis!) noch eine Standpauke gehalten wurde, weil ich nicht sofort etwas unternommen habe, Gefahr von chronischen Schmerzen, OP und Langzeit-Reha angedroht bekam...
Nun soll ich also gar nichts tun und dafür habe ich auch nur 3Stunden in einer vollgestopften Artzpraxis verbracht.

Sicher, Ärzte haben auch einen stressigen Job, aber mal ehrlich: Wäre es so viel verlangt gewesen kurz mal in meinem Patientenblatt nach oben zu scrollen??
Man verzeihe mir vielleicht, dass ich nach etlichen Arztwechseln eigentlich keine Lust mehr habe meine ganze Krankengeschichte demnächst wieder dem Nächsten zu erzählen, der dann mit einer Erfahrungswahrscheinlichkeit von 90% auch nur wieder nach dem Motto behandelt: Mensch sieht nicht krank aus, Mensch hat nix.
Aber mich fragen, warum meine Versicherung jetzt für diese Diagnose und Nicht-Behandlung Geld bezhalt, darf ich doch schon, oder?

Am Ende durfte ich dann wieder selber googlen, nach Syptomen, Mitteln und Wegen, meinen Apotheker belästigen (der war immerhin hilfreich!) und schlusendlich sämtliche nicht-verschreibungspflichtigen Hausmittelchen selber zahlen.
Wenn ich doch mein eigener Experte sein, meine eigene Diagnose googlen und meine eigenen Medikamente zahlen muss, warum gibt mir die Versicherung dann eigentlich kein Geld?
Vielleicht brauchen wir doch ein System, bei dem Ärzte nur dann bezahlt werden, wenn ihre Patienten beschwerdefrei sind, statt umgekehrt, dann muss man sich wenigstens nicht mehr anschauen lassen, als wäre man der letzte Simulant??

Zum Glück habe ich aber mehr Gkück mit meinen Kollegen, die sehr schnell bei der Hand *haha* waren mir ergonomische Mäuse & Tastaturen zu empfehlen UND (und das halte ich für besonders hilfreich, nicht nur für mich) eine nette Website gefunden haben, die auch Therapievideos für computergeplagte Gliedmaßen anbietet:
Das DoYogaWithMe Video für Menschen, die viel am Computer arbeiten (und tun wir das nicht alle früher oder später?) ist komfortable 11Minuten lang, die Übungen lassen sich bequem beim Fernsehen durchführen und ein wenig Entspannung für die äußeren Extremitäten ist nicht verkehrt!
Lasst es euch gesagt sein: Sind die Hände erstmal kaputt, macht das Leben echt erstmal keinen Spaß mehr!!

Ich hoffe also mal auf die Wirkung meiner Hausmittelchen (hochdosiertes Magnesium + Vitamin B12, wer sich dafür interessiert:) und ansonsten sieht mich wohl als nächstes ein Orthopäde - von Hausärzten kann man ja scheinbar nicht mehr viel mehr als die Diagnose einer Haus&Hofgrippe erwarten.

2 Kommentare:

  1. Krass. Und das, obwohl du dem Spaten gesagt hast, dass du sowas schonmal hattest? Das grenzt echt an Fahrlässigkeit.

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  2. Ja, irgendwie war das sehr frustig, vor allem weil ich mit der Praxis bisher total zufrieden war...
    Aber scheinbar ist das inzwischen wirklich schwierig einen Allgemeinmediziner zu finden, der bei solchen Fachfragen tatsächlich Ahnung hat - meistens wird man einfach weiterverwiesen an den entsprechenden Facharzt, das wäre mir ja auch noch recht gewesen.
    Aber so fühlt man sich eben wenig ernst genommen.^^

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Vielen Dank!