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15.10.2013

Serielle Unfähigkeit IV. Oder: The Long Earth

Liest man diese Überschrift könnte man zunächst mal - zu Recht - fragen:
Wenn ich doch weiß, dass mir "auf Serie getrimmte" Bücher selten bis fast nie gefallen, warum kaufe ich sie mir dann immer wieder?

Im Fall von The Long Earth habe ich gleich 3 gute Argumente:
1. Fand ich die Idee (Paralleluniversen) schon immer spannend.
2. Hat Terry Pratchett mitgeschrieben (zumindest laut Cover).
und
3. Als ich bemerkte, dass die Fortsetzung schon veröffentlicht ist, war ich schon auf Seite 200irgendwas.

Als goldenes Zusatzargument ist außerdem anzumerken, dass ich das Buch (auf eigenen Wunsch hin!) zum Geburtstag geschenkt bekommen habe - und da ich schon ungefragt geschenkten Büchern den Gefallen tue sie Zuende zu lesen (auch wenn sie nicht mein Ding sind), muss ich das ja wohl bei Büchern, die ich mir selbst eingebrockt habe, erst recht durchhalten!!;-)


Prinzipiell kann ich über The Long Earth, geschrieben von Stephen Baxter (ich bezweifle vom Stil her stark, dass Pratchett mehr als die generelle Idee beigesteuert hat) auch gar nicht so viel furchtbar Negatives sagen, außer: Es ist ein typisches "Einleitungsbuch" und daher leider so gar nicht mein Fall...

Die Grundidee der Parallelwelten lässt sich ganz nett an, eine ganze Weltbevölkerung bekommt den "Stepper"-Mechnaismus per Youtube geschenkt und plötzlich gibt es hunderte, tausende, millionen leerstehende Welten zum bevölkern. Alarmanlagen sind plötzlich out, weil sich laterale Verschiebung überträgt - meint ein Schritt nach rechts in Welt B ist 1 Schritt in den Geldtresor, sobald man wieder "Zuhause" ist.;-) Andererseits braucht eigentlich niemand mehr irgendwas stehlen, da Ackerland, Jagdtgebiete und Rohstoffe ja quasi millionenfach vervielfältigt ungenutzt rumliegen.
Und die Unterdrückten, Armen, Aussichtslosen, Abenteuerlichen der Welt wandern langsam aber unaufhaltsam in die grüne Wildnis ab und lassen dabei ziemlich viele Regierungen und Systeme ziemlich alt aussehen.

Soweit so schön, ein wenig Gedankenspielerei mit der Idee unendlicher Möglichkeiten, alternativer Evolutionsbäume und Back-to-Basic Gesellschaftsstrukturen. Mein Problem damit ist nicht, dass das alles nicht gut durchdacht wäre - aber es passiert einfach nichts.
200Seiten in das nicht grade dünne Buch hinein und wir ergehen uns immer noch in Grundsatzüberlegungen und kurzen Ausschnitten aus den Erfahrungen verschiedener Randfiguren und -Phänomenen. Eine nicht enden wollende Einleitung quasi, bei der ich mir irgendwann dachte: Ja, nett...und jetzt?

Handwerklich muss ich allerdings anmerken, dass sich der Autor (oder auch das Autoren-Duo) mit der Auswahl seiner Hauptcharaktere keinen Gefallen getan hat. Ein "sozialfeindlicher" Jugendlicher und ein auf Dauer ziemlich langweiliger Besserwisser-Roboter, der so tut, als wäre er ein wiedergeborener, tibetanischer Automechaniker (oder ein ziemlich langweiliger Besserwisser-Automechaniker wiedergeboren als Roboter, so richtig wichtig ist das nicht) auf Erkundungstour in einem Luftschiff. Klingt erstmal witzig, ist es aber eigentlich nicht - vor allem wenn dann auch noch die wirklich sozialfeindliche weibliche Hauptfigur dazukommt und der ständig als sozialfeindlich beschriebene Jugendliche plötzlich die einzige People-Person ist...
Zwei Menschen und eine AI, die nicht gerne mit Anderen viel zu tun haben, auf einem Boot unterwegs in leeren Welten...auf Dauer eher eine unnötig anstrengende Gruppendynamik!
Das Buch versucht dann auch die schwindende Spannungskurve zur Mitte hin mit verschiedenen Socializing-Erfahrungen anzureichern, aber da ich mich mit keiner der Figuren so richtig identifizieren konnte, blieb der Effekt für mich da auch aus.
Das hätte man sich einfacher machen können!

Auf den letzten 100Seiten - im Film wären das wohl die letzten 10Minuten - nimmt dann die Handlung ein wenig Fahrt auf, wobei mich die Auflösung des "zentralen Mysteriums" (zum ersten mal nach ca. 300Seiten aufgeworfen) ziemlich unbeeindruckt zurückgelassen hat und die Anbahnung des Long War meinen Geschmack auch nicht trifft - ich verkneife mir mal die Detailanalyse an dieser Stelle, es mag ja Menschen geben, die das Buch noch lesen wollen, was ich für Menschen mit einem anderen Geschmack als ich, ausdrücklich nicht nicht empfehlen will!:-)

Lange Rede, kurzer Sinn: Hauptsächlich stört mich, dass das Buch an sich kaum lebensfähig ist und eigentlich nur als Prequel Sinn macht. Einige schriftstellerische Entscheidungen kann ich zudem nicht nachvollziehen, aber am Ende läuft es eigentlich immer wieder darauf hinaus, dass mir einfach zu wenig passiert, um ein leidlich dickes Buch zu rechtfertigen.
Die Fortsetzung reizt mich zudem auch nicht wirklich, weil trotz ziemlich vorhersehbarem Cliffhanger-Ende des ersten Buches das 2. mal eben etliche Jahre später einsetzt. Auch so eine Entscheidung, die ich nicht nachvollziehen kann, da man hier eine grade in Fahrt kommende Spannungskurve (wenn auch Buchübergreifend) schon wieder völlig abwürgt.

Ich denke ich bleibe also doch besser bei den Discworld Büchern und vergebe für viele verschenkte, gute Ideen leider nur magere 2,5 von 5 Luftschiffen.

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