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12.08.2009

Christine von Schweden

Ist es eigentlich schon ein Zeichen fortschreitenden Nerdtums wenn ich mir eine Buch kaufe, dass Christine von Schweden heißt und dann tatsächlich entäuscht bin, wenn sich herausstellt, dass es gar kein Sachbuch, sondern eine Romanbiographie ist?
Vielleicht ja, denn viele Menschen lesen nun mal lieber einen Roman, als eine historische Biographie, vielleicht aber auch nein, denn an einer Roman-Biographie kann man sehr viel mehr falsch machen und die Gefahr, dass ein schlecht geschriebenes und auch noch uninformatives Buch dabei herauskommt, ist ungleich größer.

In diesem Fall ist mir das aber zum Glück erspart geblieben, denn Christine von Schweden von Sigrid Grabner ist ein sehr unterhaltsames Buch und der Beweis dafür, dass das Leben die besten Geschichten schreibt:


Christine wird Königin von Schweden nachdem ihr Vater im 30jährigen Krieg getötet wird. Von Kindheit an darauf gedrillt eine große protestantische Königin zu werden, verbietet sie als einziger Monarch Euopas die Hexen- und Ketzerverbrennung, verschenkt fast alle Eroberungen ihres Vaters zugunsten des Westfälischen Friedens und dankt mit 21 ab im Austausch für ihre persönliche Freiheit und ein Privatleben. Sie tritt zum katholischen Glauben über, provoziert Päpste und Jesuiten mit ihren Äußerungen zur Religionstoleranz und atheistischen Anwandlungen, reist durch Europa um Philosophen, Aufklärer und Künstler zu treffen und lebt schließlich in Rom als Geliebte eines Kardinals...
Wenn man diese Frau nicht mag, dann weiss ich's auch nicht!;D

Ein ruhiges und glückliches Leben war der Armen leider nicht vergönnt, dafür war sie mit ihren Ansichen über weibliche Selbstverwirklichung, religiöser und völkerrechtlicher Toleranz und einer europäischen Einheit zur Wahrung des Friedens wohl ungefährt 300 Jahre zu früh dran.
Ihre Romanbiographie ist aber ein netter Einblick in dieses unorthodoxe Leben aus dem 17. Jahrhundert und die einzige Schwäche des Buches ist eigentlich, dass es sich nich an ihre Perspektive herantraut.
So erfahren wir alles aus der Feder ihres jüdischen Sekretärs - eine nicht ungewöhnliche Art eine Biographie zu schreiben, aber doch verwunderlich, wenn es seitenweise nur um die Erlebnisse des Erzählers und nicht um die der darzustellenden Person geht. Ich kann mir nur vorstellen, dass diese Exkurse einen Einblick in die Atmosphäre des 30jährigen Krieges und seiner Folgen geben sollen, was man wohl euphemistisch"verdienstvoll" nennen würde...nett gedacht, viel Arbeit gemacht, aber unnötig...

Von mir gibt's trotzdem 3 von 5 Kardinalshüten für eine Biographie, die, wäre sie fiktional, wohl als viel zu unglaubwürdig abgetan würde!;)

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