Wir hatten schonmal eine Podcast Folge zu Büchern, die wir gerne ändern würden, aber wir hatten auch schon "gute schlechte Bücher" und so viele andere "Buch Unterhaltungen", dass ich grade nicht mehr weiß zu welcher Folge dieser Kommentar gehörte, aber irgendwann kommerntierte mal jemand: Ich hätte jetzt gedacht wir reden über typische Pulp Fiction, nicht über zeitlose Klassiker?
Also ja, falls es euch der Titel noch nicht verrät, in dieser Ecke des Internets haben wir keine Probleme damit auch an zeitlosen Klassikern rumzumäkeln...obwohl...ist es mäkeln, wenn ich sage XYZ hätte ich gerne anders erzählt? Es fühlt sich für mich nicht so an, denn wenn ich etwas gerne anders erzählen würde, heißt das für mich die Ideen haben mich wirklich fasziniert...das ist ja nichts Schlechtes, oder?;-)
Anyway, lasst uns mal über 2001: a Space Odyssey von Arthur C. Clarke sprechen!
From the savannas of Africa at the dawn of mankind to the rings of Saturn as man ventures to the outer rim of our solar system, 2001: A Space Odyssey is a journey unlike any other.
This allegory about humanity’s exploration of the universe—and the universe’s reaction to humanity—is a hallmark achievement in storytelling that follows the crew of the spacecraft Discovery as they embark on a mission to Saturn. Their vessel is controlled by HAL 9000, an artificially intelligent supercomputer capable of the highest level of cognitive functioning that rivals—and perhaps threatens—the human mind.
Grappling with space exploration, the perils of technology, and the limits of human power, 2001: A Space Odyssey continues to be an enduring classic of cinematic scope.
Ich habe dieses Buch als Ebook gelesen, was gleich wichtig wird, denn Ebooks können tatsächlich ein interessantes Analyse-Tool sein, weil sie dir genaue % Angaben machen wie lang welches Kapitel ist.
Das heißt, wenn man eine "klassische" Erzählstruktur erwartet, kann man sich ab 45% der Geschichte schonmal auf den großen Midpoint-Turn vorbereiten - natürlich kann man auch bei physischen Büchern kuken wann man in der Mitte angekommen ist, aber es ist nicht so nett und präzise im Display.;-)
Und das in diesem Buch nachzuvollziehen, war interessant, denn ich fand das Pacing sehr weird und ich kann euch jetzt genau erklären warum!
1. Der Prolog ist....lang?
Die ersten 16% der Geschichte folgen wir einem Höhlenmenschen...ich meine, bold choice und all das, aber 16% Prolog? Der Punkt ist, dass in einer vorzeitlichen Vergangenheit die Ahnen der Menschen von einer außerirdischen Präsenz beeinflusst werden und es gibt ein paar sehr schöne One-Liner in diesem Abschnitt:
“. . . Moon-Watcher felt the first faint twinges of a new and potent emotion. It was a vague and diffuse sense of envy--of dissatisfaction with his life. He had no idea of its cause, still less of its cure; but discontent had come into his soul, and he had taken one small step toward humanity.”
Serious burn, I know, aber trotzdem, es passiert einfach nicht sooo viel, dass man 16% der "Page-Time" dafür gebraucht hätte. Punkt 1 meiner Neufassung würde diesen Abschnitt also um so ca. 50% kürzen. Wer das für Blasphemie hält, be my guest, es wird noch schlimmer.;-)
2. Der Teil nach dem Prolog ist immer noch Prolog
Der nächste Abschnitt bis ziemlich genau zur 50% Marke ist an sich immer noch Prolog, denn hier erfahren wir in sehr vielen, am Ende für nichts wichtigen Details wie ein Forscher zur Mondbasis fliegt und dem Mond-Monolithen "vorgestellt wird", was den Midpoint-Turn einleitet.
Diesen Forscher sehen wir nie wieder - er ist gegen Ende derjenige, der unserem "Hauptcharakter", den wir erst am 51% Punkt der Geschichte überhaupt treffen, einen Funkspruch zukommen lässt, aber das wars - ich müsste also nicht unbedingt wissen was er über Stewardessen denkt oder mit welchem russischen Forscher er im Urlaub war. Ich weiß, Worldbuilding zum Kalten Krieg, blabla, aber auch hier könnte man gut 50% kürzen, ohne irgendwas Signifikantes zu verlieren.
Damit hätten wir also Prolog und Einleitungauf 25% der Geschichte gebracht und können unseren Midpoint-Turn noch zu einem sehr späten Inciting Incident erklären und dann endlich mal zur Discovery und HAL springen.
3. Die Problematik mit HAL
Mein Problem mit dem ganzen "der Computer versucht uns umzubringen" Plotpunkt ist nämlich der: Er ist auch 16% lang. Das heißt der ganze Konflikt mit HAL - Set-Up, irgendwas stimmt nicht, wir versuchen das zu fixen, Computer versucht uns alle umzubringen, Problem gelöst und vollständig aufgeklärt - dauert genauso lange wie der Prolog. Das ist keine Spannungskurve, sondern nur so ein 4 Kapitel langer Ausschlag in ein bisschen Action, bis wir das Problem sofort erkennen, beheben und vollständig aufklären. Das schien mir...ein wenig verschenkt.;-)
Ich würde also die Page-Time, die wir am Anfang eingespart haben, gerne nutzen, um diese Eskalation auf mehr als 4 Kapitel zu bringen. Dann könnte man zeigen wie HAL erst gut, dann weniger gut, dann immer schlechter und schließlich gar nicht mehr funktioniert/kooperiert, die Paranoia und Ausgeliefertheit der Menschen würde sich viel langsamer aufbauen und man hätte ein wenig mehr Zeit sich zu wundern warum das alles so furchtbar schief geht, bevor alles zu 100% erklärt wird...
Maybe it is just me, aber das hätte mir auch geholfen mich irgendwie zu fühlen was unseren Hautphelden angeht? Mir ist klar, dass der Autor vor allem eine "Allegorie" erzählen wollte und keine Geschichte über tatsächliche Menschen mit nachvollziehbaren Problemen, aber wenn die Perspektive so weit von den Charakteren entfernt bleibt, dass ich kaum ihre Namen weiß und wenn dann auch nur die Nachnamen, weil mehr erfahren wir eigentlich nicht...dann ist mir leider auch irgendwie egal was mit ihnen passiert. Ich stehe zu weniger Action, mehr Philosophie in meiner Sci-Fi, aber wenn mir die Pappaufsteller, die die philosophischen Konzepte vortragen vollständig egal sind, hilft das auch nicht. Ich höre lieber (fiktiven) Menschen zu, die ich auch mag.;-)
4. Das Ende ist seltsam, aber warum nicht?
Wenn (im Sinne von falls) mir also nicht so egal gewesen wäre, was mit unserem Helden so los ist, hätte das Ende auch für mich besser funktioniert. Ohne zu spoilern (obwohl es hatte jeder genug Zeit das Buch zu lesen, wenn wir ehrlich sind;-), aber das Ende ist hella weird, aber warum auch nicht?
Ich hätte meinen Spaß an den ganzen seltsamen Space & Time Shenanigans gehabt, die da noch passieren, wenn mir der Typ nicht so egal gewesen wäre. Aber egaler Typ erlebt LSD-Trippige Dinge, die zwar schön geschrieben, aber sehr abgehoben sind? War als Bettlektüre etwas schwierig, ich musste das letzte Kapitel (also das vor dem Epilog, mit dem Lava-Motel...es ist weiiiiirrrrd!) 2x Mal lesen und bin immer noch nicht sicher, dass ich weiß was da passiert.
Aber wer weiß, wäre Akt 2 anders aufgebaut gewesen, hätte es mich vielleicht nichtmal gestört?
Das ist also meine sehr wenig respektvolle Aufarbeitung eines Genre Klassikers, den ich gerne umschreiben würde, wenn ich mir diesen Stil draufschaffen könnte - was ich nicht kann, es braucht sich also niemand zu fürchten.;-)
3,5 von 5 Mondsteinen vergebe ich aber trotzdem, für die vielen schönen Zitate, aber auch weil die Ideen tatsächlich cool waren. Sind wir eben wieder dabei "Mochte die Idee, aber nicht die Umsetzung", das Mantra sovieler Rezensionen everywehre...aber hey, Originalität ist ein Mythos, remember?;-)
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