Ich hatte ja vor gar nicht so langer Zeit noch festgehalten wie sehr mich ersthafte Quellenkritik erfreut - und ungefähr einen Tag später musste ich feststellen, dass der von mir so gelobte Autor nicht nur über die Borgias geschrieben hat, sondern auch über meine Lieblings-Dynastie die Tudors.
Da konnte ich mir das "Vorgänger-Werk" ja wohl kaum entgehen lassen, oder?;-)
Mein Quatschkopf war also jetzt lange bschäftigt mit dem ziemlich umfangreichen The Tudors geschrieben von G.J. Meyer, gelesen von Robin Sachs.
Der Autor erwähnt in seiner Danksagung, dass er quasi tief in der Schuld seiner Familie steht, dafür, dass sie dieses Lebenszeitvernichtende Projekt trotz allem mitgetragen haben. Und wenn man sich den Umfang des Themas und auch die schiere Anzahl der "Hintergrund-Exkurse" ansieht, kann man sich das irgendwie gut vorstellen...
Ein wenig schockierend für mich war allerdings zunächst nicht der Detailreichtum (für zu viele Fakten, gibt es selten einen Abzug, wenn die Präsentation stimmt;-), sondern die generalle Ausrichtung. An einigen Stellen wird es ein wenig langatmig und an anderen fehlte mir ein wenig Hintergrund, daher ziehe ich mal ein Pünktchen ab, denn das war bei den Borgias besser ausgewogen!
Ging es bei den Borgias allerdings auch noch darum zu zeigen, dass die gar nicht so schlimm waren wie immer behauptet, geht es hier um genau das Gegenteil - mit der möglichen Ausnnahme von Henry VII waren eigentlich alle Tudors ziemlich grauenhaft, folgt man der Argumentation des Autors, auch und ganz vor allem Henry VIII und Elisabeth I, die ja eigentlich einen mit Abstrichen halbwegs guten Ruf in die Neuzeit gerettet haben.
Ich wollte mich von manchen Argumenten nicht immer ganz umstimmen lassen - vielleicht eine sentimentale Schwäche, die ich mir zugestehen kann;-) - weil mir die moralischen Verurteilungen an Stellen ein wenig zu hart erschienen. Die Tatsache, dass Könige wie Überwesen behandelt werden wollten, aber leider meistens ziemlich normale Menschen mit allen möglichen Fehlern waren, ist ein Zwiespalt, den nicht nur die Tudors nicht ausräumen konnten.
Aber an vielen Stellen muss man sich der reinen Faktenanalyse leider stellen und wieder mal feststellen, dass "gute Könige" und "Weltherrscher" auch gleichzeitig fies, gemein, engstirnig und hinterlistig sein hunderte Menschen ungerechtfertigt umbringen lassen können, oder was der "politische Notwendigkeiten" mehr sind.
Als Aachener Historiker, mit dem Grab von Karl dem Großen im Rücken, kennt man das Gefühl.;-)
Ich vergebe trotzdem 4 von 5 Stammbäumen, weil ich immer dafür bin alle Seiten der Medaille zu kennen.
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