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24.06.2022

Listening to: The Six. Oder auch: Schwierige Familienbeziehungen Deluxe Edition

Manchmal kommt man ja von Hölzchen auf Stöckchen und entdeckt dabei eine unbekannte Ameisenart - so zumindest fühlte sich die Mitford Family an, eine Vorlage, die auf eine Drama-Serie wartet und die ich nur wahrgenommen habe, weil ich in meiner Suche nach milde interessanten Dokus über ein YouTube Video gestolpert war. Bevor ich jetzt aber noch weiter aushole, worum geht es erstmal in:

 The Six. The Lives of the Mitford Sisters, geschrieben von Laura Thompson, gelesen von der großartigen Maggie Mash - quasi dem Buch zum Zufallsfund?;-)

The eldest was a razor-sharp novelist of upper-class manners; the second was loved by John Betjeman; the third was a fascist who married Oswald Mosley; the fourth idolized Hitler and shot herself in the head when Britain declared war on Germany; the fifth was a member of the American Communist Party; the sixth became Duchess of Devonshire.

They were the Mitford sisters: Nancy, Pamela, Diana, Unity, Jessica, and Deborah. Born into country-house privilege in the early years of the 20th century, they became prominent as "bright young things" in the high society of interwar London. Then, as the shadows crept over 1930s Europe, the stark - and very public - differences in their outlooks came to symbolize the political polarities of a dangerous decade.

The intertwined stories of their stylish and scandalous lives - recounted in masterly fashion by Laura Thompson - hold up a revelatory mirror to upper-class English life before and after WWII.

Falls man es noch nicht weiß, Maggie Mash ist ein gutes Argument jegliche Hörbücher zu konsumieren, aber das Thema sollte ja im besten Fall auch interessant sein.;-)

Hier ist das definitiv der Fall, denn die Mitford Schwester, kann man - Zitat aus dem Buch - ungefähr so gut durchdeklinieren, wie die 6 Frauen von Heinrich VIII: Die Bestseller-Autorin, die Faschistin, das Hitler-Groupie, das Stalin-Groupie, die Landwirtin und die Gräfin...da ist erstmal alles dabei, oder?

Ich bin ja ein großer Fan von (fiktiven) zersplitterten Familien und schwierigen Beziehungen und da kann man hier geradezu eine Masterclass absolvieren.;-) Die Rezensionen sind ein wenig gemischt, was wohl auch daran liegt, dass Menschen, die mit Vorwissen in die ganze Geschichte gehen, vermutlich schon eine starke Meinung dazu haben, ob es besser ist ein Hitler oder Stalin Groupie zu sein ... ich weiß, dass Hufeisenargumentation oft schädlich ist, aber hier kann ich mich wirklich nicht für eine "gute" Seite entscheiden. Und es ist auch die Aufgabe einer Biographie eine Persönlichkeit zu erklären zu versuchen, was im besten Fall weder entschuldigend noch verdammend sein sollte. Wer also ein Buch möchte, in dem wir uneingeschränkt verdammen, oder entschuldigen, wird es hier eher nicht finden - für mich ist das ein positiver Punkt, für andere evtl. nicht.

Menschen und Familien sind halt wie Oger - sie haben Schichten, widersprechen sich selbst und sind oft nicht konsequent in ihren Überzeugungen/Handlungen. Ich finde sowas spannend, aber es kann natürlich auch schrecklich frustrierend sein, je nach Situation. Meine einzige Kritik in der Richtung wäre vielleicht, dass ich es etwas überbetont fand wie total charismatisch der gute Mr. Mosley so war - man kann viel mit "Verliebte tun dämliche Dinge" erklären, aber keine Fachistenmärsche, sorry.

Ich fand es vor allem auch interessant, dass ich schon mehrere Berührungspunkte mit den Mitfords hatte, ohne den größeren Kontext warhzunehmen - zum Beispiel haben wir vor Ewigkeiten schon The Pursuit of Love im litchat besprochen und ich fand das Buch nett geschrieben (die Autorin ist nicht ganz so berühmt außerhalb des UK habe ich so das Gefühl, zumindest bin ich durch ein ganzes Anglistik-Studium gekommen, ohne von ihr gehört zu haben), aber hatte natürlich keine Ahnung welche biographischen Einflüsse hier verarbeitet werden. Teilweise fand ich auch die ständigen Parallelen, die die Biographie zieht, ein wenig schwierig, weil es immer so formuliert war "Aus realer Person XY, wurde in der fiktiven Geschichte Charakter Z und das zeigt uns..." 

Ich bin ein wenig allergisch darauf, dass wir fiktive Werke immer als 1zu1 Reflexion des Autorenlebens betrachten, auch wenn es in diesem Fall vielleicht belegt ist, #justsaying

Vielleicht noch interessanter aus der "special interest Fakten" Sicht könnte allerdings die Tatsache sein, dass die Kommunisten-Schwester irgendwann auch Bestseller-Autorin war - im Sachbuchbereich mit einer Brandschrift gegen die amerikanische Bestattungsindustrie, die sogar Einfluss auf die Beerdigung von JFK hatte. Um mal das Video zu zitieren: Wir wissen nicht, ob die Mafia etwas mit JFKs Tod zu tun hatte, aber wir wissen sicher, dass Jessica Mitford etwas damit zu tun hatte.;-) 

 

Abgesehen von den erwähnten Abzügen, an denen man schön seine eigene Quellenskepsis und Analysefähigkeiten trainieren kann, würde ich das Buch aber schon empfehlen - für die Masterclass in schwierigen Familien und so.;-) 3 von 5 Seidenhandschuhe kann das schon wert sein.

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