Publikationen, Projekte, Persönliches

01.08.2022

The Inventor. Oder auch: Wann Lügendetektoren nicht funktionieren

Ich bin letztlich wieder mal in ein Mini-True-Crime Loch gefallen - ja, das mit der Hassliebe, wir hatten das schonmal ;-) - und habe da demnächst auch noch ein paar Netflix Tipps beizusteuern. Der Auslöser war eigentlich, dass ich eine gewisse Faszination mit einem gewissen Gerichtsverfahren entwickelte, in dem es um viel Geld, Verleumdung, Betrug, Sexismus, Medienmanipulation und Missbrauchsvorwürfe ging - ich meine natürlich das Verfahren gegen Elisabeth Holmes. ;-)

Aber ohne Witz, ich habe das Gefühlt dieser ganze Theranos Skandal hat hierzulande nicht annährend die Aufmerksamkeit erhalten, die er (vielleicht?) verdient hat - abseits des ganzen "gefallene Stars und missbräuchliche Beziehungen" Gedöns, ging es hier nicht nur um sehr viel mehr Geld, sondern auch um die generelle Frage wie weit man gehen darf, wenn man "die Welt retten" will. Oder zumindest vorgibt - oder glaubt - es tun zu wollen.

Zum Einstieg gibt es eine sehr gut aufgearbeitete Yahoo-Finance Doku bei YouTube, die sich ein wenig mit der generellen Business Seite von Dingen beschäftigt und auch der Überlegung nachgeht, ob nicht alle ein wenig zu sehr an diese "female empowerment Tech-Genius Wunderkind" Geschichte glauben wollten, weil es wie ein Kinofilm-Plot klingt.

Für eine etwas andere (persönlichere?) Perspektive empfehle ich aber die HBO Dokumentation The Inventor: Out for Blood in Silicon Valley zum selben Thema, die man unter dem Link auch kostenlos und ohne HBO Abo anschauen kann.

Hier geht es vor allem um die "Interna", die involvierten Persönlichkeiten und wie gute Ideen zur Verbesserung der Welt eine ganze eigene Rethorik erzeugen können, bis aus einer normalen Firma mit Produkten, Quality Assurance und Investoren eher eine Art Sekte wird, in der nichts und niemand hinterfragt werden darf. Die Interviews mit den Whistleblowern fand ich dazu besonders spannend, denn es ist schon eine sehr effektive Art der Manipulation, wenn selbst die Leute, die wissen welcher Betrug in einer Firma abläuft, nicht nur Angst, sondern ein aktiv schlechtes Gewissen haben dagegen vorzugehen.

Vom Interview mit dem Sozialpsychologen habe ich dann auch den Titel für den Post geklaut, weil ich seine Geschichte dazu wann Lügendetektoren nicht mehr funktionieren sehr spannend fand. Im Prinzip geht es darum ein Experiment zu konzipieren, in dem Menschen konsequenzenlos lügen können, um mehr Geld zu erhalten und dann abzuschätzen (durch einfache Statistik) wie oft, oder wie lange der durchschnittliche Mensch ehrlich bleibt. Schließt man diese Menschen dann an einen Lügendetektor an, verändern sich die Ergebnisse ein wenig, weil weniger Menschen lügen, wenn sie sich beobachtet fühlen (und offensichtlich nicht wissen wie unzuverlässig diese Detektoren sind). Behält man den Lügendetektor allerdings bei, aber sagt den Menschen, dass sie das Geld nicht behalten werden, sondern es einem guten Zweck gespendet wird, schießen die falschen Ergebnisse astronomisch in die Höhe, ohne dass der Detektor das noch nachvollziehen kann.

Wie es in der Doku heißt: Der Detektor misst eine Spannung, die Spannung zwischen dem Wunsch mehr Geld zu bekommen und dem Bewusstsein, dass es falsch ist. Diese Spannung verschwindet in den meisten Menschen vollkommen, sobald das Geld nicht ihnen, sondern einem "guten Zweck" zukommt. Lügen ist weiterhin falsch, aber der Zweck heiligt eben die Mittel. Und hier kann man sich ansehen, zu welchen Konsequenzen diese - völlig menschliche - Einstellung haben kann.

Schaut mal rein, man lernt tatsächlich was dabei!

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Vielen Dank!