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29.07.2022

Spiderman No Way Home. Oder auch: Betalesung dringend benötigt...

Kennt ihr dieses nervige Gefühl, wenn ihr etwas (Film, Buch, Spiel, whatever) wirklich, wirklich, wirklich mögen wollt und dann ist es nicht schlecht, sondern tatsächlich an einigen Stellen richtig gut, aber an anderen einfach frustrierend verschwendet for no reason? 

Ok, weirdly specific maybe, aber dieser Film hat mich einen geruhsamen Nachtschlaf gekostet, weil ich so damit beschäftigt war mich darüber zu ärgern wie unnötig unlogisch der Plotaufhänger ist, obwohl man das so einfach hätte verhindern können. Also machen wir heute die Endgame Betalesung Redux Edition und sprechen in vielen Worten darüber, dass ich diesen Film sehr viel mehr lieben wollte, als ich es geschafft habe.

Da müssen wir jetzt gemeinsam durch, ok?!;-)

Ein schlaues Video habe ich dazu ausnahmsweise nicht, denn auch wenn viele Reviews ein paar ähnliche Punkte ansprechen, ärgern sich die meisten irgendwie über andere Dinge als ich, also machen wir einfach ein How It Should Have Ended, weil es ganz witzig ist und dann wird es evtl. sehr lang und sehr Spoilerlastig. You have been warned!

 
Fangen wir mal mit den Plotpunkten an, über die ich mich komischerweise im Gegensatz zu vielen anderen nicht geärgert habe und dann kommen wir zu meinem Hauptfrust, über den irgendwie nicht genug gesprochen wird. Wer keine Spoiler will, hier ist eure letzte Chance auszusteigen!

1. Dr. Strange ist nicht cleverer als Peter?
Ja, die Idee mit dem "let's do it with space magic", ohne vorher mit der Uni zu telefonieren ist grandios unclever und ja, in keinster Weise vorher darüber zu sprechen wie genau der Zauberspruch wirken wird, ist ebenfalls nicht besser. Aber ich weiß nicht woher die Einschätzung kommt, dass Dr. Strange seine Kräfte nicht in einer selbstüberschätzenden, arrogant fahrläassigen Weise anwenden würde...ich meine, er ist nicht unbedingt ein Paradebeispiel für Bescheidenheit, oder normalerweise der Meinung, dass Regeln für ihn gelten, oder?
Spätestens wenn die letzte Abspannszene eigentlich nur der komplette Trailer für Multiverse of Madness ist und wir erfahren, dass sogar die Time Wizzards ihn für die größte potentielle Bedrohung des Kosmos halten, finde ich das nicht mehr sooo unwahrscheinlich.
Und ja, die Idee Mysterio aus dem kollektiven Gedächtnis zu löschen, ist tatsächliche eine interessante Variante, aber zu diesem schwarzen Loch an Plotunlogik kommen wir gleich noch.^^

2. Aunt May deserved better?
Ehrlich, bei vielen dieser Kritikpunkte, sehe ich nicht wo sie herkommen - manche beschweren sich darüber, dass Aunt May keine eigene Story hatte, außer ein paar Szenen mit Peter und ihrem Fling mit Happy, aber ich meine...in den anderen Filmen war Aunt May die nette Omafigur, die den Haushalt schmeißt und ab und zu besorgt ist, wenn Peter zu spät nach Hause kommt...What is the story there??
Diese Version von Aunt May balanciert zwischen Teenager-Mom und ihrem Job, engagiert sich für Blip-Opfer und Obdachlose, hat eine komplizierte Kurzzeitbeziehung zu einer von Peters Bezugspersonen und muss das mit ihm emotional navigieren...Also ich habe das Gefühl, dass ist für eine Nebenfigur sehr viel Story?? Vielleicht bakt sie nicht genug Apfelkuchen?
Und dass ein "Elternteil" von Peter Parker stirbt in einer Situation, für die er sich die Schuld gibt, ist ein Spiderman Ding, das exerzieren wir in Into the Spiderverse durch und hier in fast identischer Form auch nochmal. Ja, der With great Power Spruch wirkte ein wenig gezwungen ins Skript gequetscht, aber das Argument, dass *dieser* Peter diese Lektion ja schon gelernt hat, funktioniert für mich nicht wirklich, denn die Stakes werden einfach immer größer. Es ist eine Sache zu lernen, dass man sich nicht einfach aus Straßenschlägereien oder Banküberfällen raushalten sollte, wenn man Superkräfte hat, aber das heißt nicht automatisch, dass man auch aktzeptiert, dass man für Space Magic Wizzard Shit verantwortlich sein muss...? Ich fand ihre "du musst das tun, weil du es kannst" Predigt auch ein wenig unangenehm, aber nicht, weil es nicht zu ihrem Charakter passt, sondern weil sie ihrem Teenagersohn sehr viel aufbürdet, ohne zumindest anzuerkennen, dass die ganze Situation ziemlich unfair ist. Und Aunt Mays Bestätigung, dass sie nichts bereut, ist auch wichtig für den Villain Plotpunkt und warum das Ende so läuft wie es läuft.

Und apropos: 3. Der Villain Plot ist dämlich?
Ich gebe zu, manche der Villains kommen arg zu kurz, es sind einfach plötzlich sehr viele Charaktere zu jonglieren und das Drehbuch macht das nicht unbedingt immer gut, aber ich weigere mich anzuerkennen, dass der "Wir heilen die Bösewichte" Plotpunkt irgendwie out of character oder unlogisch für diesen Peter Parker ist. Nicht, wenn wir den allerersten Film damit abschließen, dass er sein Leben riskiert, um Vulture zu retten - weil er eben weiß, dass er nicht nur ein Krimineller ist, der etliche Menschen auf dem Gewissen hat (oder es ihm zumindest herzlich egal war, wer mit seinen Waffen verletzt wird), sondern auch ein Mensch, dessen Tod andere Menschen verletzen würde. Die Jeder verdient eine 2. Chance Message mag man kitschig finden, aber ich bin bereit auf dem Hügel zu sterben, dass sie nicht out of nowhere kommt und absolut passend für den character arc von Peter ist. Und Aunt May stirbt buchstäblich auf demselben Hügel by the way - personal is not the same as important, ist der Unterton, der hier mitschwingt und seine Ideale nicht zu verraten, "nur" weil es plötzlich für dich selbst nachteilig, oder schmerzhaft wird. Dieser build-up funktioniert für mich einfach hervorragend und ist der Grund warum ich absolut dagegen bin, dass der Film hätte enden sollen, wie das Video es vorschlägt. Das Ende ist emotional und passend und sehr gut so - mein Problem ist nur, dass der Plot der uns dahinbringt keinerlei Sinn ergibt...and here is why!

4. Quentin Beck, das schwarze Logikloch
Quentin Beck, oder der Mysterio Villain-Plot, ist das schwächste Glied im 2 Film. Nicht nur ist sein Plan dämlich und seine Handlanger gehen ohne mit der Wimper zu zucken über von "wir wischen dem toten Tony Stark eins aus, weil er ein Arsch war" zu "hey, lasst uns eine Bande Teenager töten", nein, er nutzt auch seinen ECHTEN NAMEN und hält seine ECHTE FIESE FRESSE in die Kamera und niemand - absolut niemand! - bemerkt, dass dieser Typ früher mal ein Stark-Angestellter mit schlechter Laune war??
Nick Furys Schlechteste-Urlaubsvertretung-Aller-Zeiten und alle nach ihm tun so, als wäre er ein echter Multidimensionaler Superheld und als wäre seine "als letzten Akt stelle ich Peter Parker bloß" Masche irgendwie ein genialer Coup und nicht eine sinnlose Pettyness, die absolut hätte nach hinten losgehen müssen. Und ich weiß nicht wieso!! Ist das ein Comic-Ding, das alle einfach so hinnehmen, obwohl es 0 Sinn ergibt und deswegen redet niemand darüber? Falls ja, geht es mir gepflegt am Ar*** vorbei, denn bisher mussten die Filme auch für Leute funktionieren, die das Buch nicht kannten.
 
Und es ärgert mich ungemein, dass wir versuchen in diesem Film Mysterio Fantum zu einem Plotkonflikt machen, als wäre das irgendwie durch irgendwas gestützt. Machen wir mal eine Liste, nur so zum Spaß von Dingen, die absolut keinen Sinn ergeben, in dieser Prämisse!
1. Warum gibt es keine Personalakte zu Beck? Hat Stark Industries sowas nicht?? Und gibt es keine Investigativjournalisten in diesem Universum, oder warum fällt seine dünne Geschichte nicht auseinander, kaum, dass er den Mund aufmacht? Warum besteht SHIELD nicht darauf seine dämlichen Handlanger einzusacken und wegzusperren?
2. Wieso gibt es eine Ermittlungsbehörde, die weiß, dass der echte Nick Fury off-planet ist, aber NICHT weiß, dass es eine offizielle SHIELD Mission in Venedig, Prag etc. gab, AN DER AGENT HILL und etliche andere Menschen beteiligt waren, DIE MAN HÄTTE FRAGEN KÖNNEN?
Sobald die Stadt von Superschurken überrant wird, können wir diese Leute immer noch einführen und der Meinung sein lassen, dass sie das besser unter Kontrolle kriegen, als Peter, aber an dieser Stelle macht nichts was sie sagen, oder tun den genringsten Sinn!
3. Wieso ist J.J. Jamesson plötzlich ein Ding in dieser Timeline, wie begründet sich sein Cartoonhafter Groll gegen diesen Spiderman und sein "gefährliches Vigillantentum" in einem Universum IN DEM DIE AVENGERS existieren?? In den Timelines, in denen Spiderman der einzige Superheld ist, könnte man das Argument "Superhelden schaden mehr, als sie nutzen" evtl. noch machen - obwohl The Incredibles diese Geschichte schon besser erzählt hat^^ - aber nach Civil War? Nach Endgame?? Ich glaube nicht, Tim.
Und selbst wenn die Gesellschaft als solche einen Groll gegen Superhelden entwickelt hätte - was uns in 3 Stunden Endgame allerdings nirgendwo begegnet - wieso sollte sich das ausgerechnet an Spiderman abarbeiten, der von allen Avengern vermutlich noch den geringsten Kollateralschaden-Faktor hat, während Professor Hulk und alle anderen total akzeptiert zu sein scheinen??

Der komplette Aufhänger für diesen Konflikt ist ein schweizer Käse an fehlender Plotlogik und ich weiß nicht wieso! Wozu brauchte es diese ganze "Mysterio Mord Verschwörung"? Wir hätten den ganzen Konflikt einfach nur daran aufhängen können, dass Spiderman "enttarnt" wird  - am liebsten aus Versehen, durch einen Stream von Flash, oder so, dann umgehen wir das ganze WARUM ERKENNT NIEMAND QUENTIN BECK?? Zugwrack - und nun damit umgehen muss, dass jeder weiß, dass er ein Avenger ist, ohne gleichzeitig ein Gott, ein Supersoldat, oder ein Tech-Millionär zu sein.

Schmeißt die ganze "Ermittlungen gegen Spiderman" Chose über Bord, die sowieso in 1,5 Szenen abgehandelt ist und über deren fehlende Logik wir nie wieder sprechen und degradiert Jameson zu einem lustigen Cameo, nicht zu einem "ich weiß nicht warum du da bist, warum du so besessen von Spiderman bist und warum andere Menschen auf dich hören!" Problem. 
All das braucht es überhaupt nicht, um Peter zu motivieren Dr. Strange im Hilfe zu bitten - das hätte man durch eine simple "dein Leben wie du es kanntest ist vorbei und das deiner Freunde auch" Montage erreichen können. Das MIT kann Leute auch ablehnen, weil ihnen der Medienrummel zu viel ist - oder weil sie befürchten Ziel der nächsten Alien Invasion zu werden, wenn sie Spiderman aufnehmen, wie wäre es damit?? - dann läuft der Plot genauso weiter wie bisher, die Supervillains tauchen auf und Bingo, ab da ist es eh egal.

Das Schlimme an der ganzen Sache (für mich) ist nämlich das: Die emotionale Story funktioniert! Sowohl im 2., als auch in diesem Film gibt es großartige emotionale Momente und die Message, Story etc. sind wirklich, wirklich gut. Und das ist normalerweise der schwierige Teil!! Es ist also sehr frustrierend, dass sich die Autoren und Filmemacher an völlig vermeidbaren Logiklöchern verheben, die man mit dem Einsatz von 3 Gehinzellen hätte fixen können. Und wie das immer so ist, wenn ich wirklich, wirklich, wirklich lange Posts schreibe, ärgert mich diese Art von verschwendetem Potential am meisten. ;-)
 
Ab dem Zeitpunkt, an dem wir das ganze nervige Mysterio-Zeug endlich nicht mehr diskutieren und es um die Spiderverse Dinge geht, macht mir der Film viel mehr Spaß, die Chemie zwischen den 3 Spidermen (und mit den entsprechenden Villains) ist so großartig und man merkt allen Beteiligten einfach an, dass es ein Herzensprojekt war alle diese Schauspieler zusammenzubringen. 
Wenn ich mich abgeregt habe über die Dinge, die so grundlos dämlich waren, werde ich den Film allein für diese Szenen noch ein paar Mal ansehen, aber jetzt musste ich mich erstmal ärgern.

Ich will jeden Spiderman Film lieben, immer, und ich werde atzig, wenn man es mir so schwer macht!;-)
Aber für die großartige Schauspielleistung aller Beteiligten und das emotional befriedigende Storytelling vergebe ich trotzdem 4 von 5 Zauberwürfel, trotz aller Plotfails.
Plottechnisch durchdachte Filme, die emotional auf der Strecke bleiben, sind für mich noch schlimmer, aber es ärgert mich, dass es hier so einfach gewesen wäre beides zu haben.

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