Publikationen, Projekte, Persönliches

11.11.2022

Greedfall. Oder auch: Gebt mir mehr Gunpowder Fantasy!

Wie man sich vielleicht erinnert, gehörte zu meiner radikalen Nichts-Tun-Kur im September auch "keine neuen Spiele". Das hat nur so halb funktioniert, denn ich habe einen 2. Durchlauf von Greedfall angefangen, aber dann fiel mir irgendwann auf, dass ich über meinen ersten Eindruck gar nicht gebloggt hatte, was mich dann wieder in die Leben als Content Falle geführt hat. It's complicated. ;-) Also habe ich statt dessen meinen X. Durchlauf von MEA eingeschoben und erzähle euch von der Gunpowder-Fantasy heute.

Ich habe mich mal für den Cinematic Trailer und nicht den Launch Trailer entschieden, weil interessanterweise letzterer a) einige Filmszenen enthielt, die im Spiel gar nicht zu sehen sind und b) den "wir spielen die Kolonialmacht" Konflikt sehr viel drastischer darstellt, als das Spiel es tut, was ich ein wenig ... unaufrichtig fand?

Um also den Disclaimer vorauszuschicken, dieses Spiel behandelt die Prämisse der Besiedlung eines neuen Kontinents, auf dem schon Menschen wohnen und das ist vermutlich nicht möglich, ohne nicht zumindest an manchen Stellen das "the good colonizer" oder "the noble savage" Trope zu streifen. Wer also darauf absolut keinen Bock mehr hat (fair!), sollte dieses Spiel vielleicht auslassen. Ich werde mich nur sehr am Rande darauf beziehen, weil mir für die tiefere Analyse absolut die Expertiese fehlt.

Selbst ohne tiefgreifendere Expertiese in der Auseinandersetzung mit Kolonialismusproblematik, fand ich die Prämisse erstmal ... a choice? Vor allem für ein französisches Entwicklerstudio, normalerweise unterstellt man ja eher gerne den Amis (oder Briten), dass sie da noch was aufzuarbeiten haben, was die Go West Chose angeht...

Hier hat man sich dazu entschieden die ortsansässigen Stämme (inklusiver eigener Sprache) an den Kelten zu orientieren, was vermutlich die einzige Entscheidung war, um das Ganze ein wenig zu entschärfen. Dass die Landschaften und Gebäude auch alle eher nach Mitteleuropa aussehen, als nach Wildem Westen, ist wohl auch kein Zufall.

Und man muss einfach mal festhalten - wenn man den Trailer gesehen hat, wird man es wissen ;-) - dass beim Design zumindest alles richtig gemacht worden ist. Das Spiel sieht so großartig aus, die Szenen mit den Segelschiffen könnte ich mir stundenlang anschauen, um ein wenig mein Meer-Heimweh zu bekämpfen. Erstmal finden wir uns aber in den verwinkelten Gassen und Seuchenlöchern von Venedig...äh sorry Serene, in der die Händler-Prinzen das Sagen haben. Die anderen beiden big player sind der Vatikanstaat (oder, was der gerne mal gewesen wäre, re Großmacht und so) und das Osmanische Reich und nein, das ist nicht meine ironische Interpretation, das ist in Symbolik und Aussehen genauso on the nose wie Serene und Serenissima.;-)

Auf dem Kontinent wütet also die Pest - tschuldigung, der Malichor - und jetzt sollen wir in dieses neugefundene Land aufbrechen, um eine Heilung zu finden. Und in diplomatischen Austausch mit den Leuten zu treten, die da schon wohnen. Immerhin sparen wir uns den "wir versuchen es zuerst mit Genozid" Umweg, was vielleicht auch daran liegt, dass wir hier nicht nur mit Pistolen schießen, sondern auch mit Magie (auf beiden Seiten).

Außerdem müssen wir noch unsere dunklen Familiengeheimnisse lüften, jede/r hat irgendwelche Leichen im Keller und am Ende dürfen wir uns natürlich entscheiden, wie das mit dem Leben auf beiden Kontinenten so weitergeht.

Ich persönlich hatte nach 2 Durchläufen immer noch Spaß, aber die Sache mit der Choice & Consequence hätte mir ein wenig grauschattierter sein können, um den Re-Play Faktor zu erhöhen. Das Framing gibt meistens schon sehr deutlich vor, was die gute Entscheidung wäre und auch wenn du dich natürlich entscheiden kannst ein völliges Arsch zu spielen, will ich das eigentlich nicht.^^ Das Kampfsystem spielt sich allerdings als Magier ein wenig anders, das war schon ganz interessant, aber ansonsten bestand der Unterschied in meinen 2 Durchläufen hautsächlich daraus, dass mein 2. MC ein Typ war, was mir andere Romance Options gab.

Und das wäre dann auch mein 2. Abzug, die Charaktere sind sehr interessant angelegt, aber es fehlte scheinbar das Budget (mein böses Vorurteil, aber nicht unwahrscheinlich), um noch ein paar Dialoge und Filmszenen mehr zu basteln, um dem ganzen mehr Tiefe zu geben.

Die zentrale Beziehung ist die zu deinem Cousin, dem "Gouverneur", und hat in Ansätzen alle Anlagen der chaotischen, kaputte-Familien-sind-alle-auf-ihre-eigene-Weise-kaputt Geschichten, die ich mag. Aber zum Ende hin geht dann doch irgendwie sehr viel Nuance verloren, weil es plötzlich nur noch sehr wenige Cutscenes und kaum noch Gesprächsstoff gibt...

Prinzipiell bin ich vom Setting allerdings sehr geflasht gewesen und hätte einfach gerne soviel mehr Mantel&Degen-Magie, dass ich trotzdem 4 von 5 Dreispitzhüten vergeben muss. Liebe Entwickler, wenn ihr mir eine Fortsetzung machen könntet, mit ein bisschen mehr Charakterkram, wäre ich sehr sehr sehr glücklich... #justsaying... ;-)

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Vielen Dank!