Publikationen, Projekte, Persönliches

25.11.2022

1815. Oder auch: Der Kongress tanzt

2022 ist irgendwie wieder mal so ein Jahr des extremen Langsamlesens, weswegen wir immer noch den (dazu auch noch sehr überschaubaren) Stapel Bücher abarbeiten, die ich mir in diesem Jahr von meinem Geburtstagsgeld gekauft habe.

Und nach meiner extremen Nichtstun-Kur, dachte ich, steigen wir mal mit einem extremen Special Interest Thema ein, das man entweder sehr spannend, oder super dröge finden wird. ;-)

Worum geht es also in 1815: Napoleons Sturz und der Wiener Kongreß von Adam Zamoysk, falls der Titel noch nicht selbsterklärend genug ist?

Der Wiener Kongress war einer der ersten Friedenskongresse der Neuzeit. Die damaligen Großmächte England, Russland, Österreich, Preußen und auch Frankreich verhandelten die politische Neuordnung Europas nach dem Sturz Napoleons. Es sollte eine stabile Friedens- und Staatenordnung geschaffen werden, aber letzten Endes wurde es ein Geschacher um Gebietsgewinne und Einflusssphären. Intrigen, Bestechung, Spionage gehörten unerlässlich dazu. Daneben sorgten Tanz, Theater, Sex und ausschweifende Bankette für Entspannung. Doch Napoleon floh von Elba und stellte eine Armee auf. So traf man sich zwei Wochen nach dem Ende des Kongresses bei Waterloo, um ihn endgültig zu besiegen. Anschaulich erzählt Zamoyski anhand vielfältigster Quellen das Geschehen und lässt den Leser an der schillernden Atmosphäre in Wien hautnah teilhaben.

Irgendwie habe ich fast alles, was es zum Thema und Buch zu sagen gibt, schon in der Einleitung vorweggenommen, denn wenn man sich für Frühneuzeit-Diplomatie - inklusive seeehr viel personal drama - interessiert, dann wird man hier begeistert sein. Und falls man nicht so richtig weiß, warum einen das heutzutage noch interessieren muss, wie viele teilweise erstaunlich unreife, mächtige Männer sich um Länder und Menschen streiten, als wäre es Pokemon-Karten ... ja dann kann ich da auch nur sagen, dass man das Buch vermutlich langweilig finden wird. ;-)

Aber im Ernst, ich persönlich fand die diplomatischen Querelen ein wenig spannender, als die Militärgeschichte aus dem Vorgängerband, daher hatte ich meinen Spaß. Und kann jetzt meinem Arsenal an historischen Hintertreppen-Annekdoten einige lohnenswerte Geschichten hinzufügen.

Achso und ein paar interessante Einsichten zur Entwicklung des Prinzips internationaler Verhandlungen gibt es auch noch - und das kann man auch in 2022 noch interessant finden. ;-)

Manchmal erschlägt der Autor mich ein wenig mit zuviel Details, aber auch das war ich ja vom Vorgänger schon gewohnt - einen winzigen Abzug leiste ich mir aber doch, denn hier geht es um mein Geschmacksurteil und deswegen darf ich das. ;-) Und 4,5 von 5 Depeschenboxen sind ja auch nicht schlecht!

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Vielen Dank!