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12.01.2024

The Fall of the House of Usher. Oder auch: Big Pharma, but make it gothic.

Ich bin ja noch unser Halloween/November Programm für letztes Jahr schuldig - wenn mir jemand sagt, dass der Typ von Hill House und Midnight Mass (ja, Bly Manor müssen wir noch kuken;-) eine Poe Adaption gemacht hat, hüpft mein kleiner, innerer Literaturwissenschaftler ja vor Freude im Kreis.

 Bevor ich jetzt aber ein wenig fangirle über gut durchdachte Neuerzählungen - anhand von nicht so toll inzenierter Oper ... - worum geht es erstmal in House of Usher?


So, nachdem wir jetzt alle ein paar schöne spooky vibes mitgenommen haben - was hat das ganze Ding jetzt mit Opern zu tun?

Vordergründig gar nichts, es ergab sich nur zufällig, dass ich kurz nach dem Serienfinale zu einer La Bohème Aufführung im Theater Aachen war und wieder mal feststellte, dass Neuinzenierungen, die nur irgendwas anders machen wollen, irgendwie flach fallen.

Im Fall der Oper - die, falls man es nicht weiß, um Weihnachten herum beginnt - hatte man sich anscheinend nur überlegt "was wäre, wenn im Winter alle Sommerklamotten tragen würden, weil Klima" und ... ja und ansonsten eigentlich nichts. Librettos lassen sich nur sehr sperrig umschreiben, geschenkt, aber auch ansonsten hat die Geschichte der Oper und die Themen, die besprochen werden, einfach sehr wenig mit dem Wetter zu tun, von daher ließ sich die "hey, was wäre, wenn alle Sandalen tragen" Idee einfach nirgendwo sinnvoll aufgreifen. Es wurde weiterhin Weihnachten gefeiert, Santa trug halt nur Stransklamotten und Flip-Flops unterm roten Mantel und alle anderen Darsteller ihre Wintermützen und Mäntel eben über T-Shirts und Sandalen. Zum Glück lebt eine Oper ja von der Musik und man muss nicht dringend hinschauen, aber es ist ein schönes Beispiel dafür wie man Neuinzenierungen nicht macht. 

Hätte man nämlich nur 2 Minuten weitergedacht, als "hey Klima ist doch irgendwie ein edgy Thema, lass einfach das machen", hätte auffallen können, dass die eigentlichen Themen der Geschichte - "brotlose Kunst" vs. Kapitalismus, wahre Liebe vs. Zweckehe - sich hervorragend in die Neuzeit übertragen lassen.

House of Usher ist was das angeht eine ganz andere Gewichtsklasse, denn hier hat man sich wirklich, wirklich Gedanken gemacht, wie man die seperaten Elemente von Poe's Kurzgeschichten - und seinen generellen spooky Realität+ Vibe #melike ;-) - zu einer epischen Familiensaga über Gier, Geld und Mord zusammenfügen kann. Big Pharma eignet sich als Kulisse dazu hervorragend, die Charaktere sind alle auf ihre Art kaputt und unsymphatisch (mit Ausnahme von Lenore natürlich!), aber trotzdem faszinierend und wer das Gesamtwerk von Poe kennt, wird so viele kleine liebevoll eingestreute Details finden, dass es ein Fest ist. ;-)

Mein einziger, kleiner - und sehr individueller - Augenroll-Faktor kam nur dazu, weil irgendwie wieder mal viele der Charaktere dringend super merkwürdige Sex-Kinks haben mussten. Ja, natürlich ist das sehr plakativ, um zu zeigen, dass jemand sich abseits der "normalen" Gesellschaft bewegt, aber plakativ ist halt auch die Holzhammer-Methode dazu und nicht alternativlos. ;-)

Trotzdem ein hervorragendes Spooky-Season Programm, falls ihr im weiteren Winter noch ein wenig Halloween nachholen wollt, schaut dringend mal rein!

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