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01.08.2025

Swimming Lesson. Oder auch: Brauchen Charaktere closure?

Ich hatte ja angekündigt, dass ich mir noch ein oder zwei andere Bücher von Claire Fuller anschauen wollte, um zu sehen, ob diese spezielle Art von low intensity domestic suspense was für mich ist - und gleich über das nächste Buch hab ich ein bisschen was zu motzen, aber es kommt aus einem "wenn das meine Geschichte wäre, hätte ich das anders gelöst" Gefühl, von daher sollte sich niemand davon abhalten lassen meine ganz persönlichen Präferenzen vollständig zu ignorieren. ;-)

Aber immerhin ist das Cover auch wieder großartig, alles was Meer & Wellen hat, kann schon nicht ganz schlecht sein und bis auf das wieder mal prominent platzierte, für mich völlig irrelevante Zeitungszitat, hab ich da gar nichts zu meckern, aber das ist ja wieder mal auch just me - #deathbeforemarketing setzt sich auch in ästhetischen Vorlieben durch. Bevor wir aber nun weiter um den heißen Brei rumreden, worum geht es in Swimming Lessons von Claire Fuller?

'Gil Coleman looked down from the window and saw his dead wife standing on the pavement below.'

Twelve years ago Flora's mother Ingrid disappeared, vanishing from a Dorset beach, presumed drowned. Everyone - especially her sister and father Gil - believes Ingrid is long dead. Everyone, except Flora. So when she hears that her father has had an accident, and is insisting that he saw his wife, Floral rushes home.

But the answers she seeks are nowhere to be found - only further questions:

Is Ingrid dead? Or did she leave? And do the letters hidden within Gil's books hold the answer to the truth behind his marriage, a truth hidden from everyone including his own children?

Ok, der erste Satz ist ziemlich cool, das muss man mal festhalten - ich finde ja persönlich der Druck einen super geilen ersten Satz zu schreiben, sorgt oft nur dafür, dass überpolierte Wompf-Sätze produziert werden, die mit dem Rest des Stils nix zu tun haben, oder evtl. sogar nicht mit der Story, die eigentlich erzählt werden soll. Aber hier passt es gut zum Rest und setzt uns gleich mal in den Inciting Incident, von daher no notes!

Ansonsten sind dysfunktionale Familien schon auch immer noch großartig für diese Art von Buch, mein persönlicher Beef mit der Erzählstruktur hat leider was mit dem Ende zu tun, also wird das hier jetzt eine Review für den Club der Unspoilerbaren und alle anderen müssen sich leider anhand des Klappentextes entscheiden, ob sie das Buch lesen wollen - sorry ...

Die Geschichte des Buches teilt sich in 2 Timelines, eine Jetzt-Zeit Erzählung in der 3. Person, die sich auf die jüngere Tochter der Familie konzentriert, die ihren Vater vergöttert und ein paar sehr conflicted feelings für ihre verschwundene Mutter hat. Und dann gibt es die Briefe der Mutter, die sie in der Zeit vor ihrem Verschwinden an den Vater geschrieben hat, mit dem Befehl "die Kinder dürfen das niemals lesen". Und das ist dann auch leider was passiert - wir als Lesende erfahren wie mies diese Beziehung eigentlich war und was für ein Arsch der Vater eigentlich ist und die beiden Töchter, die sich damit herumschlagen müssen, dass sie diametral entgegengesetzte Erinnerungen an ihre Kindheit und Familiendynamik haben, lernen nie etwas darüber was ihre Mutter gedacht/gefühlt hat. 

Und ich fand das maximal frustrierend. Ich bin mir bewusst, dass das Absicht war, bis hin zum Epilog, der uns als Leserschaft nochmal verunsichert, ob sie jetzt wirklich noch lebt, nachdem ihre Tochter sich grade endlich damit abzufinden scheint, dass sie tot ist. Aber ich persönlich mochte dieses Stilmittel einfach nicht, weil es (für mich!) die interessanteren Charakterentwicklungen auf den Headcanon nach dem Ende verschiebt. Man hätte mir das ja nicht auserzählen müssen unbedingt, aber ich habe bis zur letzten Seite darauf gehofft, dass das Mädel dieses Bündel Briefe findet und es passiert einfach nicht und die Charaktere bleiben in so einer Art Schwebe der unbeantworteten Fragen, die ich einfach storytellingtechnisch nicht besonders spannend fand.

Das wirft jetzt natürlich die potentielle Frage in den Raum Brauchen Charaktere closure? Ist das nicht wieder eine nutzlose Regel, die uns erzäheln will nach welchem 0815-Schema Geschichten zu erzählen/beenden sind? Und die Antwort ist natürlich, nein. Das Leben gibt dir oft keine closure, Kunst kann und muss das Leben imitieren, also ist es völlig legitim die Geschichte so zu beenden. Mir persönlich gefiel es nur nicht. Klar soweit? ;-)

3,5 von 5 Strandtüchern hat sie aber trotzdem verdient, die langsame Progression der Briefe von "es war die wahre Liebe" zu der dunkleren, komplizierteren Realität gefiel mir sehr gut - die Jetzt-Zeit Timeline konnte nur nicht ganz mithalten.

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