Man sollte ja nicht glauben, dass es im Jahre des Internets 2025 immer noch Tudor Bücher gibt, die ich nicht kenne - und die in diesem Fall auch noch nicht ewig alt sind ;-) - aber es ist vermutlich einfach das Prinzip von Nachfrage und Angebot. Meine Tudor Obsession ist vermutlich eine lebenslange Diagnose und da ich immer dasvon ausgehe, dass ich nicht einzigartig bin, gibt es offensichtlich eine Nachfrage.
Was nicht immer heißt, dass neuere Bücher uns auch neuere Dinge zu erzählen haben, aber in diesem Fall ist das durchaus der Fall. Bevor wir also meine persönlichen Obsession-Punkte besprechen, worum geht es ganz allgemein in Hunting the Falcon: Henry VIII, Anne Boleyn, and the Marriage That Shook Europe geschrieben von John Guy & Julia Fox, gesprochen von Stephanie Racine?
A groundbreaking, freshly-researched examination of one of the most dramatic and consequential marriages in history: Henry VIII’s long courtship, short union, and brutal execution of Anne Boleyn.
Hunting the Falcon is the story of how Henry VIII’s obsessive desire for Anne Boleyn changed him and his country forever. John Guy and Julia Fox, two of the most acclaimed and distinguished historians of this period, have joined forces to present Anne and Henry in startlingly new ways. By closely examining the most recent archival discoveries, and peeling back layers of historical myth and misinterpretation and distortion, Guy and Fox are able to set Anne and Henry’s tragic relationship against the major international events of the time, and integrate and reinterpret sources hidden in plain sight or simply misunderstood. Among other things, they dispel lingering and latently misogynistic assumptions about Anne which anachronistically presumed that a sixteenth-century woman, even a queen, could exert little to no influence on the politics and beliefs of a patriarchal society. They reveal how, in fact, Anne was a shrewd, if ruthless, politician in her own right, a woman who steered Henry and his policies, often against the advice he received from his male advisers—and whom Henry seriously contemplated making joint sovereign.
Hunting the Falcon sets the facts–and some completely new finds–into a far wider frame, providing an appreciation of this misunderstood and underestimated woman. It explores how Anne organized her “side” of the royal court on novel and (in male eyes) subversive lines compared to her queenly predecessors, adopting instead French protocol by which the sexes mingled freely in her private chambers. Men could share in the women’s often sexually charged courtly “pastimes” and had liberal access to Anne, and she to them—encounters from which she gained much of her political intelligence and extended her authority, and which also sowed the seeds of her own downfall.
An exhilarating feat of historical research and analysis, Hunting the Falcon is also a thrilling and tragic story of a marriage that has proved of enduring fascination over the centuries. But in the hands of John Guy and Julia Fox, even the most knowledgeable listener will encounter this story as if for the first time.
John Guy & Julia Fox sind Autoren, von denen ich auch andere Bücher im (Hör-)Regal habe, von daher war ich wenig überrascht, dass die Geschichte gut recherchiert, die Quellenkritik on point und der Schreibstil angenehm ist. Ich habe im großen Bücherregal Purge von 2025 gerade erst noch eine Anne Boleyn Biographie aussortiert, die die große "protestant Martyr gegen die böse Königin" Story erzählen wollte.
In den Amazon-Rezis zu diesem Buch gibt es aber natürlich immer noch Leute, die Team Katherine gegen Team Anne spielen wollen und jede positive Äußerung über Anne offenbar als beleidigend empfinden, weil sie vindictive und petty und scheming war und Katherine die "größere Seele" ... und ich mir immer denke ... ok, aber vielleicht hat sie viel gutes für viele Menschen getan, obwohl sie vielleicht vindictive, petty und scheming war? Menschen sind keine Archetypen, die good girl, bad girl Stories sind immer reduktiv und Katherine hatte soweit wir wissen viele gute Charaktereigenschaften, aber auch einige, die mich zweifeln lassen, dass ich mit ihr befreundet hätte sein wollen - und für Anne gillt dasselbe.
Was an der Story von Anne und Henry einfach fasziniert, ist die Geschichte auf die sich dieses Buch konzentriert. Die "Jagdt" der ewigen Jahre bevor sie überhaupt heiraten konnten - er war ein König, er konnte alle Frauen der Welt haben, warum diese? Was war an dieser Beziehung so besonders? (Außerhalb von witchcraft oder femme fatal Nonsense.)
Man kann dieses Buch also lesen, ohne irgendwas über Henry VIII oder Anne Boleyn zu wissen - aber selbst für Menschen wie mich gab es ein paar Passagen, die interessante Einsichten zu bieten hatten. Ich wertschätze es immer sehr, wenn historische Persönlichkeiten in ihr soziales Umfeld eingebettet werden und das passiert hier gerade für Anne. Wir alle werden von Menschen um uns herum geformt, nicht nur von unserer Familie, sondern gerade wenn wir älter werden von einflussreichen Menschen in unserem Leben (egal ob privat, oder "beruflich", eine Hofdame zu sein war auch ein Job). Und diese Einflüsse formen mehrdimensionale Charaktere in denen sich Mitgefühl und Manipulation, Großzügigkeit und Kleinlichkeit nicht zwingend ausschließen müssen, je nachdem welche Situationen wir betrachten.
Dafür, dass ich wenig Erwarungen hatte, dass man mir nach 20 Jahren noch irgendwas Neues über H&A erzählen könnte, war ich also angenehm überrascht. Wer allerdings ein Buch möchte, dass wirklich zu 100% dieselbe "pagetime" für Team Anne und Team Katherine einräumt, müsste vielleicht ein Buch über K&A schreiben ... auch ein interessantes Konzept, sollte ich mal schauen, ob irgendwer, dessen Quellenskepsis ich vertraue sich da schon drangewagt hat. ;-)
Bis dahin vergebe ich sehr überzeugte 4,5 von 5 Falkenbanner für ein Buch, dass mir an einigen Stellen ein bisschen mehr Zeitgeist-Kritik hätte enthalten dürfen, aber ansonsten absolut zu empfehlen ist!

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