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25.10.2009

Verschleisserscheinungen 2.0


Es ist Sonntag Nachmittag und ich habe gerade fast eine Stunde damit zugebracht einen 10seitigen "Kopfschmerz- und Migräne" Fragebogen für meinen neuen Hausarzt auszufüllen, damit ich zu meinem Schmerztherapie-Termin in zwei Wochen "vorbereitet" kommen kann.

Ist das nicht traurig, wenn man sich das mal wirklich überlegt? Immerhin könnte ich mich mit ein bißchen gutem Willen noch als "Mitte Zwanzig" ausgeben!

Was man da alles auswendig wissen muss: Erstmaliges Auftreten, bisherigen Behandlungen, OPs, "Nebenerkrankungen", tägliche Tablettendosis und was weiss ich noch...Und das Schlimme ist, ich weiss das tatsächlich fast alles inzwischen auswendig, kommt automatisch, wenn man zum 2.Mal in 4Jahren den Arzt wehselt und den ganzen Sermon wieder runterbeten muss. Irgendwann kommt man sich vor, wie in Emergency Room, weil man nur noch mit tollen Fachbegriffen um sich wirft und dabei sitzt einem nicht mal George Clooney gegenüber (gemeine Welt!;).
Und was noch schlimmer ist: Ich persönlich halte mich noch für einen relativ gesunden Menschen!
Ich war noch nie in irgendeiner Therapie (und schon damit fühle ich mich manchmal sehr einsam;), habe keine angeborenen Krankheiten, keinen Krebs oder sonst irgendwas.
"Nur" ein paar chronische Allergien mit der Option auf Asthma (ich sage das so, weil in unserer schönen neuen Gesundheitswelt die wirklich wirksamen Tabletten erst dann von der Kasse bezahlt werden, wenn man schon Asthma hat, weswegen ich das wohl noch kriegen werde^^), einen unrettbar kaputten Rücken inklusive Hüftfehlstellung, vererbte Migräne (danke Mama;) und meine Schilddrüse funktioniert aus bisher ungeklärten Gründen nicht richtig (die Ärtzeschaft streitet seit 2 Jahren, ob das nun "chronisch" ist und wenn ja warum...) was meine tägliche Tablettendosis etwas in die höhe treibt.
Und das macht mich mit 26 zu einem "chronischen Schmerzpatienten", wenn man sich da nicht alt fühlt, weiss ich's auch nicht!^^
Muss ich bald eine private Akte über meinen Krankenverlauf führen? Wie machen das Leute, die wirklich chronische Krankheiten und/oder psychische Probleme haben? Verbringen die ihre Freizeit dann komplett in Arztpraxen? Mich nervt das "ständige" zum Arzt gerenne schon und ich muss nur alle 1-2Monate mal hin...wenn nicht grade wieder akkut irgendwas streikt, dann kann das schonmal 1-2 die Woche werden.

Verschleissen die Leute heute jünger als früher, oder hat man sich früher nur "nicht so angestellt"?
Das würde ich wirklich mal gerne wissen, denn ich kann genau sagen, als mein Vater zur Kur musste mit "gerade mal" Ende Dreißig musste man damals mit der Krankenkasse wirklich noch streiten, ob ein so junger Mensch das überhaupt braucht.
Und heute könnte ich sowas schon 10Jahre früher machen (und auch gut gebrauchen^^), weil es inzwischen schon Herzinfarkt-Patienten mit 20 gibt und der kaputte Rücken mit 25 ist auch schon fast normal. Von den ganzen "Burn-Outs" und den Tablettenabhängigen mal gar nicht zu reden.

Ist das die schöne neue globale Wirtschaftswelt? Schnell leben, immer funktionieren, früh Krüppel sein und am besten auf dem Weg noch Schmerzmittelsüchtig werden?

Na schönen Dank!

1 Kommentar:

  1. Warum verschreibt dir eigentlich keiner ein Korsett zu der Skoliose? Es gibt da doch mittlerweile einiges an Optionen, die nicht ganz so unbequem sind.

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Vielen Dank!