Ich weiß gerade nicht mehr in welchem Zusammenhang, aber in einem selten klaren Moment sagte ich vor noch nicht zu langer Zeit zu irgendwem mal: Das schöne an Kurzgeschichten ist, dass man so schnell zu Erfolgserlebnissen kommt...
Klingt total schlau, oder? Ist leider nicht so einfach...
Gut, zugegeben, eine Kurzgeschichte schreibt sich ganz anders als ein Roman - meistens auch schneller, obwohl es auch da Ausnahmen geben mag;) - und braucht theoretischerweise nicht so viel an Vor-, Während- und Nacharbeit was Situation, Stil und Charaktere angeht. Auch Inspiration funktioniert in diesem Kontext anders - zwar beginnt jede Geschichte oder jedes Projekt mit einer Idee ("Schweine im Weltall, das wäre doch witzig!"), einem Bild, einer Situation, oder auch nur einer Formulierung. Aber für ein großes Projekt reicht das nicht. Ein großes Projekt braucht viele Ideenfunken und viele Ansätze, um interessant zu werden - für eine Kurzgeschichte reicht meistens eine. Das klingt ersteinmal wie ein Vorteil und manchmal ist es das auch, aber wo Vorteile sind, können Nachteile nicht weit sein...
Wer schon einmal ein Lagerfeuer beobachtet hat, wird wissen, dass Stroh sehr hell und heiß brennt, aber nach ein paar Sekunden verbraucht ist, während Holz lange braucht um in Ganz zu kommen, aber dann die ganze Nacht durchhält - vielleicht ist das ein gutes Bild. Kurzgeschichten mutieren weniger, verändern sich weniger, überraschen den Autor weniger, vielleicht weil sie auch weniger Zeit dazu haben.Jede ist nur ein kleines Fenster in eine größere Geschichte, die weder Autor noch Leser kennenlernen.
Ein einziger Funke Inspiration reicht für eine Kurzgeschichte und einmal angefangen ist diese auch mehr oder minder schnell umgesetzt - und dann braucht man einen neuen völlig anderen Funken.
Und irgendwann hat man dann - wenn man mit genug Funken gesegnet ist;) - ein ganzes Sammelsurium von verschiedenen kleinen Fragmenten und steht vor der Frage: Und jetzt?
Für mich stand ja ziemlich schnell fest, dass mein kleiner Motivationskern irgendeinen größeren Kontext braucht, um sich sinnvoll zu fühlen - und einen Titel plus Cover dafür zu finden war auch weniger das Problem. Irgendwann in den letzten Tagen musste ich aber feststellen, dass ich schon über die Hälfte der völlig willkürlich von mir beschlossenen 23 Texte (Jaha, Verschwörungstheoretiker an die Front;) zumindest angedacht, wenn nicht sogar schon fertig habe und immer noch keinen Gedanken an das böse Wort verschwendet, das mit K anfängt und mit onzept aufhört...
Für die Perlen war das seinerzeit nicht so problematisch, da die Stoßrichtung und Intention quasi im Titel schon vorgegeben war - nun mussten nur noch Texte sortiert werden (alphabetisch nach Titeln, ja, gar so kreativ;) und mit den entsprechenden kurzen Erklärungen versehen. Dann noch ein kurzes Vorwort davor und die schon bestehenden Schreibtipps an den Schluss gepackt und schon war die "Learning by observing" Anthologie zusammengestellt. Ein gutes Konzept für die Intention und eine akzeptable Herangehensweise für das betroffene Projekt.
Aber so wie man einem Pferd keine Prada-Schuhe schenken sollte, so sollte man auch darauf verzichten davon auszugehen, dass eine Herangehendweise für alle Arten von Anthologien funktioniert.
Zum einen fände ich es langweilig schon wieder sowas wie Schreibtipps zu verfassen - mal ganz davon abgesehen, dass das T.s Territorium ist;) - zum anderen passen die Geschichten nicht dazu. Einfach alles zusammenzuklatschen ohne einen gewissen "Rahmen" nach dem Motto "Die Texte existieren, also kann man sie lesen, bitte schön!" käme mir aber auch etwas billig vor.
Als ersten Zwischenstand - ich möchte mir das mal angewöhnen, es strukturiert so schön, oder tut zumindest so;) - muss ich also feststellen: Ich hätte gerne ein K-Wort, aber bin noch nicht sicher was es am Ende sein wird! Zu wissen wo noch etwas zu tun ist, ist schließlich auch ein Wissensfortschritt.;)
Das vorläufige Inhaltsverzeichnis sieht daher so aus:
Prolog: To see or not to see? Inspiration. (Arbeitstitel und Thema - mal sehen!;)
Am Bahnhof (Gedicht - abgeschlossen)
Königin Luise (Gesprächsprotokoll - abgeschlossen)
Unwillkommen (Kurzgeschichte - abgeschlossen)
Weißes Rauschen (Kurzgeschichte - abgeschlossen)
Das andere Haus (Kurzgeschichte - abgeschlossen)
Zu Spät... (Gesprächsprotokoll - abgeschlossen)
Ein Märchen aus uralten Zeiten (Kurzgeschichte - im Beta Stadium)
Frühlingserwachen (Gedicht - abgeschlossen)
Alltag (Gesprächsprotokoll - abgeschlossen)
Therapiesitzung (Gesprächsprotokoll - abgeschlossen)
Götterdämmerung (Arbeitstitel - angedacht)
Flaschenpost (Arbeitstitel - angedacht)
Ghost Story (Arbeitstitel - angedacht)
Game Over (Arbeitstitel - angedacht)
Gefühl und Widerspruch (Gedicht - abgeschlossen)
???
???
???
???
???
???
Der Inspiration letzter Schluss? Fan-Fiction. (Teilweise im Beta Stadium, teilweise noch unentschlossen;)
Die Reihenfolge der Texte ist noch ein anderes Problem, das sich aber wohl erst angehen lässt, wenn alle Fragezeichen verschwunden sind. Ich denke, es wird ein wenig sein wie Mix-Tapes zusammenstellen!;)
Das ist durchaus spannend – wie du ja glaube ich weißt, trage ich mich zumindest in Teilen auch mit der Idee, mal meine gesammelten Kurzwaren zu packen und zwischen Buchdeckel zu pressen.
AntwortenLöschenMeine Lyrik-Quote wäre höher und die Gesamtzahl glaube ich geringer, aber alles in allem klingen die beiden Bücher durchaus geistig verwandt.
Das wäre ja toll – dann müssen sich arme, gebeutelte Literaturstudenten in 30 Jahren mit der Frage quälen lassen, ob diese Parallelität wohl in einer geographischen Nähe begründet liegen könnte, oder so, während sie auf völlig veralteten Geräten durch die Kommentare unserer dann archivierten Blogs wühlen ;)
Aber im Ernst und zum Thema zurück … meine beiden arg miteinander konkurrierenden Titel sind wahlweise wirklich "Kurzwaren" oder aber, eigentlich in Analogiebildung zu meinem Erstling und doch lustig nahe an deinem, "Seelenscherben".
Mal schauen.
Letzterer wäre irgendwie auch direkt mein K-Wort, glaube ich, denn es sind Scherben, sind Fragmente. die halt neuerlich in Form gebracht worden sind.
Vielleicht kommst du ja über eine ähnliche Überlegung an ein K-Wort heran ;)
Zuletzt noch, einfach weil ich mich schon mit dem Willen zur Antwort trug und zugleich noch beim Gaiman im Blog blätterte, ein Zitat von ihm, was einfach zu schön zum Thema passt, um es nicht mitzunehmen:
"Short story writing is a lot like Don Marquis's description of poetry writing as flinging rose petals into the Grand Canyon and listening for the boom. Normally there is silence, so even a little response to a short story is a good thing for an author."
So, in diesem Sinne einen guten Rutsch und ein frohes neues Jahr 2012!
Viele Grüße,
Thomas
Wie cool, den Post mit dem Zitat hab ich heute auch gelesen!:)
AntwortenLöschenIn 30 Jahren Literaturstudenten beuteln ist auch mein Traum...ehrlich das wär toll!
Naja mehr oder minder steckt ja im Titel B(r)uchstücke schon ein Teil K-Wort - und übrigens auch in der Bonsai-Literatur, das werd ich im Vorwort in jedem Fall noch erklären müssen;) - denn Buchstücke heißt ja nichts anderes als kleine Fetzen, die auch größere Geschichten werden könnten, wenn man sie genug gießt.
Ich denke also ich bin da auf einem guten Weg, aber erstmal warte ich jetzt geduldig auf die Inspirationen für die leztzen 6 Geschichten...;)
Ich sagte das Silvester noch im geselligen Kreise – der einzige Grund, wegen dem ich gerne berühmt wäre, ist der, dass ich sooo gerne wüsste, wie Biographien zu meinem Leben aussehen würden. Auch gerne autorisiert, aber einfach um mal zu sehen, was herauskommt, wenn jemand, der mich nicht kennt, versucht aus meinen 'alltäglichen' Texten, meinen literarischen Texten und "Zeugenaussagen" meiner Freunde eine Art Psychogramm zu zeichnen ;)
AntwortenLöschenIch vermute, der Studenten-Quäl-Ansatz ist eine Art Derivat dieses Gedankens ;)
Und ich bin auf jeden Fall auf die Bücher gespannt, sozusagen auf deines wie auf meines. Woei dein Ansatz insgesamt einen optimistischeren Einschlag zu haben scheint ;)
Es klingt irgendwie liebevoller zu sagen "Du, mein Kleiner, könntest eines Tages ein prachtvoller Text sein, wenn man dich nur pflegt und gießt", anstatt zu sagen "Du, Text, bist ein kontextuelles Trümmerstück; zeig ob mal, ob du auf eigenen Beinen stehen kannst!"
Wobei das täuscht. In jeder meiner Kurzgeschichten und in jedem Gedicht steckt erstaunlich viel Hingabe.
Aber, ach, wem sag ich das denn – ich nehme an du kennst das ;)
Und nebenbei – Gaimans Blog ist glaube ich das einzige Blog eines Schriftstellers, den ich nicht lektoriere und das ich dennoch täglich verfolge ;)
Viele Grüße und frohes Neues,
Thomas
Ich habe ja nicht umsonst noch darauf hingewiesen, dass sich Kurzgeschichten eben nur meistens schneller schreiben als Romane - manchmal eben auch nicht und selbst wenn macht es nur quantitativ weniger Arbeit, wenn man Glück hat...
AntwortenLöschenFür die Königin Luise zum Beispiel habe ich 3Stunden zum Schreiben gebraucht und einen ganzen Tag (also schätzungsweise 7-9 Arbeitsstunden) für das Layout und das für am Ende 1,5 DinA4 Seiten. Nur so als Beispiel, aber das wirst du jetzt wiederum vermutlich noch besser kennen als ich!;)