Publikationen, Projekte, Persönliches

12.07.2018

Charakterplanung mit Star Wars. Oder: Im Streiflicht eines Hypes

Wer meinen Blog einigermaßen regelmäßig verfolgt, wird bemerkt haben, dass ich zu der vermutlichen Minderheit der westlichen Welt gehöre, die The Last Jedi immer noch nicht gesehen hat. Ich finde das auch nicht besonders tragisch - ich muss nicht plötzlich so tun, als fände ich Fußball toll, nur weil WM ist und ich muss auch nicht plötzlich so tun, als hätte ich Ahnung von Star Wars, nur weil grad wieder ein neuer Film rauskommt.
Das verrät uns jetzt vor allem erstmal eines: ich bin kein Star Wars Fan. Unüblicherweise für die heutige Hype-Zeit, hasse ich Star Wars aber auch nicht.
Ich bin nicht im Team Fandom und auch nicht im Team Hater, sondern im Team It's Just Another Movie.
Was Hypes angeht, ist das für mich eine interessante Streiflicht-Erfahrung, weil ja irgendwie jeder heutzutage eine Meinung zu dieser Art Themen haben muss, unbeeinträchtigt von jeglichem Vorwissen oder "Sachverstand" was mich ein wenig milde amüsiert bis irritiert zurücklässt, je nachdem.*

Tatsächlich finden sich aber trotzdem in meinen diversen YouTube Abo channels immer wieder Videos zu Filmen, die ich nicht kenne, oder nur 1x gesehen habe, ohne mich großartig daran zu erinnern und die mich trotzdem sehr beeindruckt zurücklassen. Ich muss nicht den Film toll finden, um eine Analyse interessant zu finden, oder was daraus abzuleiten und eines meiner Lieblings-Denkanstoß-Videos der letzten Zeit beschäftigt sich mit der Active-vs-Passive-Protagonist Frage in Star Wars.



Nun habe ich sowohl The Force Awakens, als auch Rogue One tatsächlich ausnahmsweise gesehen, fand den einen Film nett und den anderen doof, was aber mein Interesse an der Frage 'Warum?' in keinster Weise mindert.
Und ich finde es - auch das so eine Hype-Streiflicht-Erfahrung - immer begrüßenswert, wenn Menschen, die selbsterklärt irgendein Franchise lieben, trotzdem in der Lage sind mir sachlich und rational dessen Vorzüge und Schwächen aufzuzeigen.Fan-Rage ist einer der größten Abtörner in meinem Universum und einer der Gründe, warum ich Jenny's channel so gern mag, ist zugegebenermaßen auch die Tatsache, dass ich gerne lustig vorgetragene Einsichten von "echten" Fans** zu irgendetwas höre, das mich nur am Rande tangiert.***

Was mich an The Fault in Our Star Wars - dieser Titel allein ist toll! - allerdings fasziniert, ist die verständliche und nachvollziehbare Weise, in der es den Rogue-One-Effekt erklärt.
Wie man sich vielleicht erinnert, benutzte ich diesen Seitenhieb schonmal, um darauf hinzuweisen, dass manche Figuren einfach so flach und nichtssagend bleiben, dass man am Ende des Films ihre Namen schon wieder vergessen hat.

Ich möchte mich jetzt nicht dazu versteigen zu behaupten, dass alle Passiven Protagonisten so schwachbrüstig sein müssen, aber es war ein Aha-Erlebnis für mich über diesen Aspekt des Plot-Getriebenen Schreibens nochmal anders nachzudenken. (In der Zwischenzeit bleibe ich bei meinem Rogue-One-Effekt, weil ich mich gerne bei großen Fandoms beliebt mache.;-)
Eine große Katastrophe, die vom Himmel fällt (im übertragenen, oder buchstäblichen Sinn) zeichnet die Handlung von Plotgetriebenen Geschichten aus und das birgt immer die Gefahr, dass die Protagonistengruppe zunächst mal in die Passivität gedrängt wird. Aus eigener Erfahrung erinnere ich mich noch daran, dass ich im ersten Rohentwurf von Elysion noch arg mit meiner gewählten Hauptfigur gehadert habe, weil ich immer diesen "Das ist doch langweilig, die Bösewichte sind die viel cooleren Figuren" Gedanken im Hinterkopf hatte, ohne genau zu wissen warum.
Im Nachhinein - und mit diesem Video vor Augen - bin ich mir ziemlich sicher woran das lag: In dem Moment, in dem sich die Protagonisten umdrehen und aktiv gegen die Bedrohung vorgehen, werden sie (für mich, ymmv) plötzlich spannender zu schreiben und ich denke auch zu lesen.
Für die Versammlung habe ich daher meine Hauptfiguren nochmal durch ein sehr genaues Raster laufen lassen, um mir anzusehen was ihre Arks im Hinblick auf passiv vs aktiv sind und wo was mehr zum Tragen kommt. Und ich kann das nur empfehlen!

Eine Bedrohung von außen vs einer inneren Triebfeder mag die Ausschlaggebende Unterscheidung im Plotgetriebenen Schreiben sein, aber wie wir letztlich an den Überlegungen zur Perspektive bemerkten, eine "einfache Drehung" in der Geschichte kann schon einen großen Unterschied machen. Manchmal reicht es also vielleicht schon sich ganz zu Anfang zu fragen: Wer ist meine Hauptfigur in dieser Konstellation? Kann ich dieses oder jenes irgendwie anders erzählen? Und wenn ich zuerst damit leben muss, dass meine Charaktere von der Dunklen Bedrohung mehr oder minder an die Wand gepinnt werden, wie kriege ich sie dann da raus? Wo ist der Punkt, an dem sie aktive Protagonisten werden?
Denn ich denke, wenn uns obiges Video eines verdeutlicht, dann doch das: Ein Protagonist, der ewig passiv bleibt, ist vielleicht nicht die beste Wahl, wenn man noch kein Multi-Millionen-Famdom-Publikum im Rücken hat.;-)

*Ich werde mir The Last Jedi sicher irgendwann mal anschauen und ich prophezeie, dass meine Reaktion sein wird: Joh ganz cool, hat jetzt nicht meine Welt verändert, aber meinen Abend unterhaltsam gestaltet.;-)
**Im Sinne von: Kennt den Kanon in- und auswenig und bezeichnet sich selbst als Fan. Wer diese Defintion jetzt irgendwie disskutieren möchte, weil's ihn nervt, dass manche Fans auch Kritik an ihrem Fandom üben und aushalten können/möchten, suche sich bitte eine Parkuhr, die das interessiert.
***So habe ich zu, Beispiel gelernt, dass Ja, die Dunkle Seite macht wirklich wenig Sinn; Ja, Menschen, die Star Wars hassen, haben manchmal einfach keine Ahnung wie eine gute Geschichte funktioniert und Ja, Menschen, die Star Wars mögen, haben manchmal einfach keine Ahnung wie eine gute Geschichte funktioniert.;-)

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Vielen Dank!