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30.04.2021

Fantasy Island. Oder auch: Wenn Plot-Twists wirklich nicht funktionieren

Ich bin ja bekanntlich ein Mensch, der Plot-Twists an sich wenig abgewinnen kann. (Wir haben sogar eine ganze Podcast Folge zum Thema, also wer die Motzerei hören will, kann sich das gerne antun.) Im Prinzip geht es mir aber nur darum, dass ich es oft übel nehme, wenn mir Bücher oder Filme auf holzhammerige Weise Informationen vorenthalten und/oder sich in Brezeln biegen, nur um dann einen HAW HAW Effekt zu haben. Ich fühle mich davon nicht beeindruckt, ich fühle mich davon meistens verarscht und mir gefallen einfach Geschichten besser, die ihre Spannung daraus beziehen, WIE oder WARUM etwas passiert und die daher kein dämliches Geheimnis daraus machen müssen WAS passiert.

Ist vermutlich ein Ich-Problem und muss niemand sonst so sehen, aber es gibt auch Filme, deren Plot-Twists einfach so aus der Witzkiste für faules Schreiben gezogen sind, dass ich mich völlig gerechtfertig fühlte darauf herumzureiten.

Also lasst uns mal über Fantasy Island reden! ;-)

Unser schlaues Video für heute nimmt schon keine Spoiler Rücksicht und ich werde das auch nicht tun, nur damit man schonmal Bescheid weiß. Man kann seine Lebenszeit besser verbringen als mit diesem Film, daher spart es euch einfach.

 

So, was haben wir also bisher gelernt?

Fantasy Island ist ein re-imagening der alten TV Serie (die ich nicht kenne btw, also keine Ahnung ob irgendwas von der Grütze Fanservice ist) und ein Horrorfilm, was man schon an der Tagline "Be careful waht you wish for" ablesen kann.

Wir werden also darauf hingewiesen, dass:

1. Jeder Besucher nur eine Fantasie bekommt

2. Diese Fantasie auf jeden Fall komplett durchlebt werden muss

3. Die Fantasien meistens nicht so laufen, wie man gedacht hat

Wir halten uns auch gar nicht mit Exposition auf, das Ganze ist von Anfang an creepy, inklusive seltsamer Halluzinationen, tropfendem schwarzem Wasser, spooky Musik etc. Soweit so gut, das Konzept für den Horror finde ich solide, auch wenn der Film tatsächlich ein wenig unentschlossen ist, ob er nicht doch lieber eine Komödie oder ein Drama sein will. Aber das hätte ich weniger übel genommen, es geht halt darum, dass die Menschen unserer kleinen Gruppe was lernen sollen - zum Beispiel, dass es zwar nett ist sich gewalttätige Rachfantasien auszudenken, aber dass einem echten Menschen wehzutun etwas ganz anderes ist, oder dass es schwierig sein kann den richtigen Moment zu finden, um neu anzufangen.

Dass sie einer Figur daher erlauben ihre Fantasie nochmal zu rebooten, hätte ich ihnen vielleicht sogar auch noch verziehen, weil sie es ein wenig vorbereiten (zumindest wird erwähnt, dass ihr "Ich will von vorne anfangen" Wunsch ziemlich vage ist und der gute Insel Hüter beeinflusst sie sehr offensichtlich).

Aber dann kommen wir zu den letzten 10 Minuten und oh boy geht das den Bach runter...Hier wäre dann der Punkt auszusteigen, wenn man keine Spoiler hören will. Nehmt einfach mit, dass der Film bis auf die letzten 10-15Min ganz nett, wenn auch nicht großartig ist. ABER dann...

In der Reboot-Fantasie haben wir gelernt, dass unsere Karrierefrau nicht wirklich bereut nicht geheiratet zu haben, sondern ihr Problem eigentlich ist, dass sie glaubt Liebe nicht verdient zu haben, weil sie ein Feuer verursacht hat, bei dem jemand gestorben ist. Und wir haben außerdem gesehen, dass eigentlich alle Anwesenden auf der Insel mit diesem Unfall in irgendeiner Form zu tun hatten. Das war die einzige Funktion dieser zweiten Fantasie, denn sie schafft es auch diesmal nicht den Typen zu retten, es ist nur ein nettes Show don't Tell, um uns zu erklären, dass diese Leute alle ein duuuunkles Geheimnis haben. Aber immerhin keine Exposition in a Dialouge...

UND DANN finden wir heraus, dass BAMBAMBAM...die blonde Trulla, die eigentlich ihre Highschool Bully foltern, aber dann doch nicht foltern wollte, wars von Anfang an, weil eigentlich ist das alles NUR IHRE Fantasie und sie will alle umbringen, die ihren Freund haben verbrennen lassen, mit dem sie grade ihr 1. Date haben wollte....

Und ich so...Das heißt es kriegt nicht jeder eine Fantasie, weil es ist ja eigentlich alles ihre? Und die ganze Charakterentwicklung zwischen ihr und ihrem Bully ist fürn Arsch, weil sie die ganze Zeit eine sadistische Killerin war, die sich nur verstellt hat...? Geil...Ähm nein warte, was war das Wort, das ich suchte? Ach ja: Kacke!

Ich bin wirklich zu alt und müde für diesen bitches be crazy shit mit dem Beigeschmack von victim blaming. Und dabei geht es mir nichtmal darum, dass Mobbing-Opfer in 9 von 10 Fällen eben nicht gewalttätige Sadisten werden, sondern Trauma Menschen eher emphatischer macht, oder darum, dass das Drehbuch ihr in den letzten 10 Minuten noch ein paar dämliche Sprüche mitgibt ("Das alles nur weil ihr Date geplatzt ist?" & "Tut mir leid, dass dein Leben nicht so gelaufen ist wie du wolltest."), oder dass ein sensibles Thema dem dämlichsten aller dämlichen Horror Tropes und seinen dämlichen One-Linern geopfert wird. Das alles ist schlimm genug, aber mit diesem Twist sind 90% des Films vorher reine Zeitverschwendung, weil man sich mit Stories und Charakterentwicklungen beschäftigt, die völlig irrelevant sind sobald man weiß, dass das alles nur ihr dämlicher Racheplan war. Und wenn ich meine Zeit hätte verschwenden wollen, wäre mir was anderes eingefallen, danke.

Der Film hätte etwas halbwegs kluges über die Bewältigung von Trauma sagen können oder darüber wie uns die Vergangenheit kontrolliert oder darüber, dass wir eben nicht immer wissen was wir uns wirklich wünschen, oder dass das was wir uns wünschen nicht immer das ist, was wir wirklich brauchen. Aber nein. Wir machen ein dämliches Horror Ende, in dem wir noch Zeit opfern, um dem Insel Hüter bei seiner Traumabewältigung zu helfen (obwohl das shit all mit irgendwas zu tun hat am Ende) und dann ist die Lösung: Hey, die Bully Tante hatte ihre Fantasie ja noch nicht, also wünscht sie sich Blondie würde umgebracht, Problem gelöst. Auf die am dämlichst mögliche Weise, aber egal.

So und nachdem ich das jetzt mal losgeworden bin, lasst mich noch kurz erwähnen, dass man diese 10Minuten sehr einfach hätte "retten" können.

Man hätte zum Beispiel das sadistische Killer Klischee einfach weglassen können und dann hätte Blondie immer noch diejenige sein können, die die anderen bestrafen wollte, NUR dann eben feststellt, dass andere zu quälen ihr auch nicht hilft und sich nicht halb so gut anfühlt, wie sie dachte.

Dann hilft sie Insel Hüter dabei seine Fantasie loszulassen und sie zerstören die Inselmagie, oder (wenn man denn unbedingt noch das Sequel-Potential behalten will) die fällt einfach automatisch in sich zusammen, sobald der Hüter der Insel seine Aufgabe aufgibt. Ist es ein Regel Strech von wegen "alle Fantasien müssen beendet werden"? Ja schon, aber wir brechen und biegen auch jede andere Regel, warum nicht diese?^^

Dass die Drehbuchschreiberlinge auf diese Auflösung nicht gekommen sein sollen, obwohl sie zu 100% besser zu allem passt, was sie vorher an Charakter- und Worldbuildingkram aufbauen, kann ich mir kaum vorstellen - vielleicht wollte also irgendwer im Prozess lieber das Ende ändern, was mit Recht dazu geführt hat, dass der Film episch gefloppt ist.

Manche Plot-Twists einfach so unterirdisch, dass sie verdient haben in den Boden gestampft zu werden.

Und eine Wertung ringe ich mir jetzt wirklich nicht ab, ich hab mal wieder gut schimpfen können, das war aber auch schon alles. Did anyone proofread this?! Ich glaube nicht, Tim...

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