Publikationen, Projekte, Persönliches

17.03.2023

1899. Oder auch: Fhtagn Netflix!

Ein weiterer "Ich brauche dringend Unterhaltung"-Testballon meines Feiertags-Lazaretts (ja irgendwann in diesem Frühjahr werden wir damit durch sein diese 3 Wochen aufzuarbeiten, aber leider nicht heute;-) war 1899, eine Serie an der ich zuerst nicht viel Interesse hatte. Dark hatte mich auch schon nicht so richtig interessiert und ich kann nichtmal genau sagen warum - aber irgendwo in dem riesigen Berg von konsumierbaren Medien, der jedes Jahr höher wird, muss man ja anfangen auszusortieren, da kann man auch bei vagen Bauchgefühlen und fehlenden Vibes anfangen... ;-)

Dann wurde mir aber erzählt, dass die Story auf einem Titanic-Dampfschiff spielt und das alleine hat mich dann doch dazu bewogen die erste Folge anzufangen. Ich habe mal den Teaser für euch rausgesucht (den Trailer gab's schon gar nicht mehr auf dem offiziellen Netflix-YouTube, ein Schelm wer Böses dabei denkt...?) für den Fall, dass man nicht weiß wovon ich spreche:


Zuerst mal, ich bin sicher, es gibt ungefähr drölfzigtausend schlaue Videos zu jeder Facette von Easter-Eggs, Haupt- & Nebenplots, philosophischen Unterbauten und Verschwörungstheorien, aber ich habe die Serie im rotzverschleimten Dämmerzustand gesehen, ihr müsse euch also mit ein paar Offensichtlichkeiten von mir zufrieden geben, ok? ;-)

Erstmal lasst uns mal festhalten, dass es sich einerseits schon und andererseits eher nicht gelohnt hat die Serie aufgrund meiner Faszination für alte Dampfschiffe anzufangen. Ich gehöre ja zur Generation Titanic, also den Leuten, die diesen Film in ihren leicht-beindruckbaren Teenagerjahren im Kino sehen konnten. Und weil ich damals schon ein nerviges Anti-Geek-Girl war, fand ich natürlich alles an dem Film toll, außer der Lovestory und habe meine Freundinnen unendlich in den Wahnsinn getrieben mit meinen Monologen zum Set- und Kostümdesign, den sichtbaren sozialen Strukturen und der Ungleicheit der Gesellschaft. ;-)

I have no shame für den Nerdfaktor, aber bin heute bereit zuzugestehen, dass andere Menschen nicht nur die historische Akkuratesse und darin enthaltene Gesellschaftskritik begutachten wollen - und das ist hier leider auch so, ich hatte am Ende nicht das Gefühl, dass wir wirklich viel aus dem "Arm vs Reich eingepfercht auf engem Raum" machen, weil es für die Story schnell unwichtig wird und es dann mehr um die Horror/Suspense Aspekte geht.

Diese Aspekte auf der anderen Seite, funktionieren auf einem Schiff genausogut, wie in einem eingestürzten Bergwerk, einer eingeschneiten Berghütte, oder einem Zug, der im Tunnel stecken bleibt. Merkwürdige Vorkomnisse und Todesfälle in einer abgeschlossenen Lokation sind einfach ein Trope, das seit Ewigkeiten funktioniert.

Mir persönlich wäre es allerdings (und das ist ein ganz milder Spoiler, so be warned) lieber gewesen es wäre tatsächlich ein historisches Mysterium aufzuklären gewesen. Je abstruser und surrealer die Folgen wurden, desto mehr bin ich ausgestiegen und das kann natürlich an meiner fehlenden Konzentration liegen, aber ich werde auch ungerne in Geschichten geworfen, die sich irgendwann soweit von nachvollziehbaren Hinweisen entfernen, dass man eigentlich nur noch die am weitesten hergeholten Verschwörungstheorien in den Raum wirft, weil man auf der Meta-Ebene weiß, dass die Autoren bestimmt auf irgendwas total Unvorhergesehenes hinauswollen.

Ist das so die Antithese zur self-fullfilling-prophecy? Weil schon die Erwartungshaltung erweckt wird, dass am Ende bestimmt ein total unvorhergesehener Twist folgen muss, ist man gerade auf alle Absurditäten vorbereitet? I don't know, I don't care. ;-)

Jedenfalls hätte ich mit weniger abstrusem Kram leben können und auch wenn ich die Überlegung hinter der emotionalen Epressung verstehen kann, die Showrunner dazu treibt in den letzten paar Folgen immer noch 100 neue Fragen aufzuwerfen, in der Hoffnung, dass sich genug Hype und Fan-Druck aufbaut, um den Geldgebern noch eine weitere Staffel aus den Rippen zu leiern, ist das natürlich immer dann besonders frustrierend, wenn es trotzdem nicht funktioniert. Und so werden wir auch hier nie erfahren was denn das "es ist alles soviel Größer, als du denkst!" Ding sein wird, weil wir keine 2. Staffel kriegen und uns völlig umsonst mit diesen Brotkrumen bewerfen lassen mussten.

Ich denke, ich muss tatsächlich die Konsequenz ziehen nur noch Limited Series oder schon abgeschlossene, alte Serien zu kuken, um nicht immer mit diesem "na toll, und jetzt?" Gefühl zurückzubleiben. 3 von 5 Seidenkleider kann ich mir trotzdem abringen, man sieht der Serie an, dass sie nicht bilig war, die erste Hälfte ist definitiv interessant und einige der Charaktere wären bestimmt später noch spannender geworden. Wäre, wäre Fahrradfähre und so. ;-)

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Vielen Dank!