Soooo, wie versprochen, wollte ich ja noch eine Rezi nachreichen - ich musste nur erst die Weihnachtsdeko fertig machen, dazu später!;)
Hier also meine literarische Beschäftigung (wenn ich nicht grad stundenland Text lernen war^^) in den letzten 1,5 Wochen: Madame Pompadour. Ein Lebensbild von den Gebrüdern Goncourt.
Bevor man sich dieses Buch tatsächlich ins Regal stellt, sollte man sich vielleicht zunächst darüber bewusst sein, dass Edmont und Jules Goncourt ihr Essay über die größte Mätresse des Ancien Regime in der Mitte des 19.Jhd schrieben - zu einer Zeit also, in der die Lebenswelt der Jeanne Poisson, Marquise de Pompadour schon seit 100 Jahren vergangen und von der Revolution sehr gründlich ausgelöscht worden war.
Man hat es hier also nicht mit einem Roman und auch weniger mit einem Sachbuch zu tun, sondern muss den Text als solches als historische Quelle behandeln...sprich, erst mal nichts glauben, was darin steht!;)
Ich will damit den guten Herren Goncourt nicht absprechen, dass sie in der Faktenrecherche nicht gründlich waren - nach allem was man so hört, wußten sie vermutlich über die Könige und Mätressen des 17.Jhds mehr als über ihre Zeitgenossen - nur muss man sich immer vor Augen halten, dass in vielen Darstellungen zwischn den Zeilen mehr über die Verfasser zu lesen ist, als über die darzustellende Person.
Subjektivität lässt sich auch in der modernen historischen Forschung nicht vermeiden, das will ich auch gar nicht behaupten...aber man gibt sich schon meistens ein bißchen mehr Mühe!;)
Wenn man also die historische Neugier - und ausreichende Distanz zum Text - mitbringt, ist Einiges in dieser Biografie mit Sicherheit lesenswert. Allerdings sollte man sich nicht daran aufhalten, sich über das transportierte Frauenbild zu ärgern.;)
Ihre Zeitgenossen hielten die Goncourts für frauenfeindlich, soweit würde ich in der Retrospektive vielleicht nicht einmal gehen. Gemessen an den Standarts des Biedermeier ist ihre Darstellung der könglichen Mätresse im Allgemeinen und Madame Pompadours im Besonderen sogar relativ neutral.
Immerhin weist man überdeutlich darauf hin, dass die Marquise den Stil des Rokoko quasi im Alleingang erschaffen und viele Künstler, Intelektuelle und Literaten vor dem Hungertod bewahrt hat...allein ihr Egoismus, ihre Gier nach Ruhm und Reichtum und ihre Unfähigkeit einzusehen, dass Frauen wegen ihrer fehlenden Fähigkeit zu rationalem Denken nichts in der Politik zu suchen haben, sind die weiblichen Eigenschaften, die sie trotz aller philosophischer Betätigung nicht ablegen konnte.
Wenn man mit dieser Art Darstellung leben kann, ohne dass die innere Emanze einen Herzinfarkt bekommt, kann ich das Buch emfehlen, ansonsten sollte man von der Anschaffung lieber absehen.;) Da ich durch die Gender Studies in Geschichte da schon abgehärtet bin, konnte ich mich daran erfreuen, dass die Lebenswelt des Rokoko sehr eindringlich und detailgetreu dargestellt wird.
Wenn man den Gerüchten glauben darf, waren die Herren Goncourt wohl die ersten "Re-enactment-LARPER" ihrer Zeit, so unzufrieden waren sie mit dem napoleonischen Frankreich und so verliebt in die "gute alte Zeit". Genau wie viele der heutigen Vergangenheitsverliebten, die gerne von sich behaupten sie würden lieber vor 500Jahren geboren sein, haben sie dabei natürlich nicht bedacht, dass sie solche Sentiments nur deshalb formulieren durften, weil man vorher für die Meinungsfreiheit in die Revolution gezogen war - und dass man ihnen als kleinen Kaufmannssöhnchen in Versailles vielleicht gerade mal die Hintertür von außen gezeigt hätte!;D
Von mir gibt's aus Historiker-Sicht 3 von 5 Pompadour-Rosen.;)
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