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06.12.2010

Background Processing und Bonsai-Literatur



Manchmal kann man an der deutschen Literaturwissenschaft ja ein wenig verzweifeln (war vielleicht ganz gut, dass ich nur 2 Wochen Germanistik durchgehalten habe;)!
Da hatte ich mich gefreut wie ein halbgares Sojaschnitzel, dass mir seit ewigen Jahren mal wieder eine Idee für eine typische Kurzgeschichte an den Kopf geflogen war - das Konzept der Kurzgeschichte kommt mir nicht so leicht aus der Tastatur, ich brauche da immer ein "größeres Konzept", wie die Was ist Liebe? Reihe für die Perlen, oder die Fantasy Testballons für Elysion - und war sogar noch erstaunter, als sich Idee Nummer 2 gleich hinterher schob. (Was vielleicht daran liegt, dass der große Geistesblitz für Elysion immer noch ausbleibt, aber das ist eine andere Geschichte und soll ein anderes Mal erzählt werden...;)

So groß war meine Anfangsbegeisterung endlich mal wieder wirklich ans Schreiben zu kommen, dass ich mir dachte: Oh cool, endlich kannst du mal an den 1001 Kurzgeschichtenwettbewerben teilnehmen, die es immer so gibt!
Also gleich mal die aktuellen Ausschreibungen recherchiert, sich an eine Veröffentlichungsliste gemacht - wird ja leider oft vorausgesetzt, wobei ich nicht glaube, dass man unbedingt bessere Kurzgeschichten schreibt, weil man schonmal irgendwo ein Gedicht veröffentlicht hat, aber naja... - und die Geschichten zum Lektorat gegeben (dabeisein ist ja bekanntlich alles, aber man will sich ja auch nicht blamieren;). Was ich dabei allerdings übersehen habe: Die Kurzgeschichte an sich ist ein scheinbar sehr spezielles Gewächs, dass - zumindest in der Wettbewerbslandschaft - von vielen Zäunen und Beschränkungen umgeben ist.
Manche Ausschreibungen fielen für mich also schonmal thematisch flach (den C.S.Lewis Preis für die beste Geschichte mit christlicher Botschaft gewinne ich wohl dieses Leben z.B. nicht mehr;), was mich ja weniger gestört hat, weil am Thema kann man halt nix machen. Es begab sich aber bei einem genaueren Studium der Zugangsbedingungen, dass alle thematisch unebschränkten Wettbewerbe eine Längenbeschränkung ausweisen, die für mich - bisher - uneinhaltbar ist. 6.000-11.000 Zeichen (inklusive (!!!) Leerzeichen) sind schon die meisten meiner Blogeinträge lang, wie man auf diesem Raum eine Geschichte erzählen soll, ist mir bisher noch schleiherhaft.

Vielleicht verlernt man es als Literaturwissenschaftler ja auch sich kurz zu fassen, aber in einer Literaturwelt, in der eine Kurzgeschichte gerade einmal 3-6Seiten (in Schriftgröße 12) lang sein darf, werde ich es glaube ich schwer haben...ich erzähle nunmal gern, ich dachte dabei geht's beim kreativen Schreiben irgendwie...;)
Die deutsche Literaturtheorie bietet mir aber leider auch kein AusweichGenre an, wie mir der Germanist meines Vertrauens bestätigte. Zwar gibt es die exotische Mischform der Novelle (die gerade anglophile Literaten verwirren dürfte;), über die wir schon einmal sprachen, die aber glaube ich selbst "Experten" irgendwie nicht ganz verstehen und die in ihren inhaltlichen Beschränkungen sehr schwammig daherkommt.
Mir gefällt Novelle als Wort zwar gut, aber da man die scheinbar nur darüber definiert, was sie alles NICHT ist, wirkt sie nur sehr eingeschränkt brauchbar für meine Suche nach dem neuen Lange-Kurzgeschichten-Genre. Kurzepik ist auch so eine Verlegenheitsform, die manchmal mit Kurzgeschichte gleichgesetzt wird, manchmal aber auch nicht.
Also muss man wohl eine eigene Bezeichnung finden: Bisher gefällt mir Bonsai-Literatur, wegen der wunderschönen Implikation, dass bei entsprechender Pflege auch ein großer Baum daraus werden könnte!;)
Für andere Vorschläge, bin ich aber durchaus offen!

Was wird aber jetzt aus meinen ganzen schönen Ausschreibungen?
Was das angeht, habe ich ja den unglaublichen Vorteil, dass ich mit meiner Schreiberei noch nie reich werden wollte, weswegen es mich jetzt persönlich nicht wirklich fertig machen würde, wenn es einfach keine Nische für mich gäbe.;)
Wie der Zufall aber so spielt, sitzen tatsächlich noch 2,5Ideen in meinem Hinterkopfspeicher, die dafür tatsächlich brauchbar (heißt einfach nur: kurz genug!!!) sein könnten - wenn ich denn noch Zeit finde, mich mal damit zu beschäftigen.
Ja, ich weiss, ich habe behauptet wenn ich erst keine Theaterproben mehr in meinen zu vollen Terminplan quetschen muss und aus dem Energiesauger Hell-Week raus bin, würde das alles besser, aber die Wahrheit ist ja: Irgendwie ist Schreiben auch kein weniger zeitaufwendiges Hobby und leider ausserdem weniger socializing tauglich und daher noch schwieriger mit Dingen wie Freundeskreis und Freizeitgestaltung zu koordinieren...;)

Da kommt es mir sehr zu Gute, dass mein Hirn die Technik des Background Processing kennt. Ich weiss nicht, ob das ein weiter verbreitetes Phänomen ist, aber meine hintere Hirnhälfte scheint tatsächlich unanhängig von der vorderen arbeiten zu können - die solche langweiligen Sachen koordinieren muss, wie Arbeiten, Atmen und andere unwichtige Dinge;) - und ist daher ständig mit irgendwelchen Ideen beschäftigt. Das geht leider nicht sehr organisiert vor sich, weil sich da sämtliche Ideen zu allen möglichen Beschäftigungen knubbeln, aber über kurz oder lang kommt man trotzdem zu einem Ergebnisansatz.

Ich habe daher zu einer neuen entspannten Grundhaltung zu meinem kreativen Zeitmangel gefunden - eine Idee, die sich 2-3Wochen in meinem Hinterhirn herumwälzt, ist dafür dann nämlich meistens bequem in einem Nachmittag in eine überarbeitungsfähige Grundform zu übersetzen. Und jeder, der schonmal was geschrieben hat, weiss wie vergleichsweise effektiv das ist!;)
Vielleicht sollte ich mir das Konzept patentieren lassen?

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