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13.03.2020

The Passage. Oder auch: Subtext ist was für Feiglinge

Ein kleiner Disclaimer, bevor wir loslegen:
Da es für diese Serie keine weiteren Staffeln mehr geben wird (Stand heute), werde ich keine Spoiler Rücksicht nehmen - außerdem muss ich was loswerden zu den Büchern, also wer die noch lesen will und nicht zum Club der Unspoilerbaren gehört, lässt diesen Post vielleicht auch besser aus.

Wir sind eigentlich mehr oder minder aus Versehen in diese Serie hineingestolpert - der Ehemann hat die Bücher gelesen und ich wusste daher zumindest von den Storyelementen, die ihn dazu gebracht haben besagte Bücher anzumotzen;-).
Und ich muss sagen, ich war milde neugierig, ob es besagte Elemente in die Adaption geschafft haben. Spoiler: Haben sie nicht, aber das hat es nicht wirklich besser gemacht.

Immer noch interessiert? Gut, dann fangen wir mal von vorne an!


Lasst uns mal damit anfangen, was ich über das Buch weiß und dann wird es vielleicht schnell offensichtlich warum ich neugierig war, ob sie das wirklich fürs Fernsehen so umsetzen wollten...;-)

1. Im Ansatz vielversprechend
Die Idee eines Vampir-Zombie-Virus Ausbruchs ist nicht unbedingt neu, aber wer ab und zu in den Podcast reinhört, wird wissen, dass mich sowas normalerweise nicht stört - Originalität ist eine Illusion und so;-) - und so haben wir auch hier ein klassisches Patient 0/Obervampir-Lord Szenario. Unser Bösewicht ist also Herrscher über seine kleine Vampir-Zombie Familie und ein nicht sonderlich netter Mensch. Soweit so gut.
Der Autor gibt ihm auch einen persönlichen Bezug zu seinem Wissenschaftler-Buddy/Erzfeind, mit dessen Frau er eine Affäre hatte. Das an sich fand ich einen interessanten Ansatz, besagte Ehefrau ist nämlich unheilbar krank und fühlt sich von ihrem Ehemann im Stich gelassen, der in der Weltgeschichte herumreist, um ein Heilmittel zu finden, während sie eigentlich nur will, dass er bei ihr ist und ihre letzten Lebensmonare mit ihr verbringt. Diesen Trost/Zustpruch findet sie dann beim Freund ihres Mannes, der schon seit ewigen Zeiten heimlich in sie verliebt war.
Das ist ein spannender Charakterkonflikt, weil man alle Parteien irgendwie verstehen kann.

2. But remember I was sad once!
Dann dreht das Buch allerdings in eine Richtung ab, die ich mir im Fernsehen nicht vorstellen konnte: Nachdem Bösewicht und Ehefrau beschlossen haben zusammen durchzubrennen, erleidet sie einen Krankheitsschub (wie schon etliche Mal vorher) und landet im Krankenhaus statt am Flughafen (Bahnhof, was auch immer). Und er schließt daraus was?
Dass er besser nach ihr sieht, weil sie schwer krank ist...? Nein, wieso denn?
Er schließt daraus, dass sie ihn im letzten Moment doch noch zurückgewiesen hat, besäuft sich, hat Sex mit einer Prostituierten, gerät so außer Kontrolle, dass er die Frau umbringt und flüchtet dann vor den Cops in eine obskure Dschungle-Expedition auf der er sich das Vampir-Virus einfängt.
Und das alles wird als größte "die Welt hat mich verraten" Sob-Story geframed, von der der PoV Charakter (eine Frau btw) nacher sagt, sie hätte sie beinahe zu Tränen gerührt...
Ich weiß jetzt nicht wie der Autor sich das so vorgestellt hat, aber...ja, ich war kein Fan.
Das "ich habe schreckliche Dinge getan, aber nimm zur Kenntnis, dass ich früher irgendwann auch mal traurig war" Bösewicht Trope ist eh nicht sooo mein Ding, vielleicht auch weil es overused ist, aber hier ist nichtmal ein Körnchen Rechtfertigung zu finden, denn ES HAT IHN JA NIEMAND SCHLECHT BEHANDELT! Sein Ego war nur zu groß irgendwie in Betracht zu ziehen, es könnte mal nicht ihm ihn gehen und auf die völlig naheliegende Idee zu kommen, dass die todkranke Frau, die er angeblich so liebt, irgendwie in Schwierigkeiten sein könnte.
Wie gesagt, ich war neugierig, wie sie das umsetzen und Spoiler: Sie tun es nicht und dass ist gut so!

3. Lost in Adaptation - in a good way!
Die Serienmacher waren scheinbar auch keine Fans dieser Geschichte und haben daher verschiedene, wichtige Stellschrauben verändert, ohne die tieferliegenden Konstellationen anzugreifen:
Zum einen fängt sich unser Bösewicht das Virus nun auf einer Expedition ein, auf der er gemeinsam mit seinem Kumpel nach einem Heilmittel sucht. Dann haben wir die Krankheit der Ehefrau zu Demenz geändert, so dass der Ehemann zunehmend verzweifelt, weil sie sich von ihm entfernt und unser Bösewicht sich die Hände reibt, weil er Menschen (auch sie) mental beeinflussen kann. Sie fühlt sich auch immer noch allein gelassen von ihrem Workaholic-Ehemann und der Bösewicht ist immer noch seit ewigen Zeiten in sie verliebt, ABER es bleibt bei einem One-Night-Stand, den sie ihrem Ehemann gesteht (goldener Gummipunkt für konstruktive Beziehungspflege statt Drama Trigger).
Bösewicht hat aber ein so großes Ego, dass er sich mit ihrer Entscheidung nicht abfinden will, also infiziert er sie mit dem Vampir-Virus, was ihre Demenz heilt, sie aber für immer unweigerlich an ihn binden wird.
Und sie stirbt am Ende lieber als ein Monster zu werden, womit sie ihn tatsächlich zurückweist - nicht, dass ihn das weniger zum Arschloch macht, nur weniger unfassbar dumm.;-)

4. Subtext für Anfänger
Prinzipiell hätte mit dieser Konstellation - und einigen anderen ent-mystifizierungen und ent-esoterisierungen, die die Serie so vornimmt - die Geschichte für mich funktionieren können, aber leider hat sie immer noch 2 Probleme, die mich zunehmend genervt haben:
1. Sie traut ihrem eigenen Publikum nicht zu Subtext zu erkennen, weswegen die Gefühle der Charaktere, Themen und Glaubenskonflikte ständig laut ausgesprochen werden. Das führt dann oft zu hölzernen Dialogen, die mich in Facepalm Gefahr bringen.
2. Sie konnte sich nicht damit abfinden eingestellt zu werden. Man hätte an vielen Punkten der letzten Folgen einen Offenes-Ende Zombie-Seuche Cut machen können, aber die Serie wollte offenbar noch soviel wie möglich an Dingen, die im vorgegebenen Erzähltempo erst in Staffel 2, 3 oder 4 hätten wichtig werden können, in die letzten 2-3 Folgen packen. Das wirkt teilweise unfreiwillig komisch, denn während wir uns von Anfang bis fast Ende mit ewigen Backstory-zur-Backstory-Rückblenden aufhalten, wird dann plötzlich ein Plotpunkte Hopping daraus, um noch möglichst viel reinzustopfen, weil...? Ja, keine Ahnung warum. Die Bücher springen in eine entfernte, postapokalyptische Zukinft, hätte man mehr Staffeln gehabt, hätte man die Serie auch dahinbringen können. Aber mit nur einer Staffel hätte man auch einfach nur die Virus-Ausbruch-Geschichte vernünftig zu Ende erzählen können und den Rest ignorieren.
Mir ist es lieber man macht etwas nicht, als dass man es schlecht macht, wie immer ymmv.

Ich kann mich trotz Verbesserungspotential zur Vorlage daher nicht zu mehr als 2,5 von 5 Kontaktlinsen durchringen. Es war ganz nett, aber es hätte besser sein können.

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