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15.05.2020

Florence Foster Jenkins. Oder auch: Zwischen Freude & Fremdscham

Ich weiß nicht, wie es euch geht, aber wäre ich nicht irgendwann bei ARTE über eine Dokumentation gestolpert, hätte mir der Name Florence Foster Jenkins nicht gesagt - und das wäre sehr schade gewesen!
Denn Florence Foster Jenkins ist eine dieser historischen Persönlichkeiten, die man einfach kennen und (vielleicht) lieben lernen sollte und dabei kann der Film mit der großartigen Meryl Streep auf jeden Fall helfen. Unser Video des Tages kommt aber aus den Historic Films Archives, denn wenn ich das Internet für eines liebe, dann dafür, dass es solche Quellen hoffentlich für die Nachwelt bewahrt und definitiv für uns weltweit verfügbar macht. Keine Doku-Nachstellung oder Filmadaption kommt schließlich an den Real-Deal heran!:-)




Wer sich für die faszinierende, teils traurige und teils inspirierence Lebensgeschichte der guten Florence interessiert, der ist in jedem Fall bei der Doku gut aufgehoben, aber jetzt reden wir mal kurz über den Film, der natürlich das größere Kostüm- und Star-Budget hatte.;-)

1. Type-Casting?
Einer der größten Bonuspunkte des Films ist definitv die Besetzung - und das irgendwie auf mehreren Ebenen. Meryl Streep ist großartig in ihrer Rolle, verblendet & exzentrisch, aber gleichzeitig verletzlich und warmherzig. Hugh Grant als ihr Ehemann hat sowohl den real time Ruf als auch die Schauspielerische Präsenz den Frauenheld und "Lebemann" zu geben, schafft es aber zum Ende hin doch irgendwie nicht völlig unsymphatisch zu sein und Simon Helberg wird für mich immer Howard aus Big Bang Theory sein, aber der Type Cast passt wenigstens auch zu seiner Rolle hier, von daher muss man sich auch nicht großartig "umgewöhnen"... ;-)

2. Limitation?
Wo der Film für mich "schwächelt", ist die Limitation der Perspektive - wir erleben Florence und ihren Inner Circle quasi nur in den Wochen vor ihrem großen Auftritt in der Carnegie Hall, dem Höhepunkt ihres Lebens, das danach sehr schnell bergab und auch zuende ging...
Das an sich ist schon verständlich, aber viele der Zusammenhänge bleiben in dieser "Ist-Aufnahme" ohne Rückblenden sehr vage - die Beziehung des Ehepaars, ihre erste Ehe, die ja quasi ihr Leben zerstört hat, viele ihrer "Exzentrizitäten" etc etc.
Es ist eine bewusste Entscheidung, aber ich denke nicht, dass ein paar gut umgesetzte Rückblenden dem Film geschadet hätten - meine Meinung, wie immer ymmv.

3. Emotion?
Was der Film allerdings hervorragend erreicht, ist das Gefühl zu transporieren, das schon die Doku irgendwie ausgelöst hat: Dieses ständige Schwanken zwischen Freude und Fremdscham, Bewunderung und Mitleid, dass man für die Hauptfigur - oder auch für die historische Figur - empfinden kann. Entweder man macht sich über eine Frau wie Florence lustig und bemitleidet sie für ihre Verblendung, oder man zollt ihr Respekt dafür, dass sie komme was da wolle Ihren Traum gelebt hat. Und das offensichtlich mit einigem Charisma und auf der großen Bühne.
Oder wie der Film es ausdrückt: Sie können sagen, ich hätte schlecht gesungen, aber niemand kann sagen ich hätte nicht gesungen!;-)

Ich würde den Film auf jeden Fall für ruhige Abende empfehlen und vergebe daher überzeugte 4 von 5 Spitzenhandschuhe.

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