Publikationen, Projekte, Persönliches

11.05.2020

Die Herzogin. Oder auch: Alternde Historie

Es gibt ja mit Sicherheit genügend Menschen, die die quasi-Quarantäne dazu genutzt haben sehr viel mehr Filme und Bücher zu konsumieren, als sonst. Bei mir hat sich der Effekt nur teilweise eingestellt, denn irgendwie - traurig aber wahr - hat sich mein Leben mit social distancing nicht merklich verändert und Urlaubspläne, die scheitern konnten, hatte ich auch keine...Ich bin jetzt unsicher, ob mich das freuen oder nachdenklich stimmen sollte...;-)

Aber immerhin bin ich dazu gekommen mal ein Lieblingsbuch aus meiner Schulzeit nochmal zu lesen - comfort zone reading gegen den Corona-Koller quasi - Die Herzogin von Pamela Kaufman.
Es ist nicht sooo gut gealtert, wie manch anderes Buch aus meiner Kindheit, aber dazu gleich - hier erstmal das Cover und der spektakuläre Klappentext...;-)

Eleonore von Aquitanien: die Frau, deren leidenschaftliches Leben das Mittelalter prägte.
Wow, jetzt wissen wir wirklich alles was wir wissen müssen, oder?
Lasst uns das mal ausführlicher betrachten!

Wenn ich das - nicht so sonderlich lange - Buch zusammenfassen müsste, würde ich es als spekulative, historische Romanze beschreiben. Eleonore von Aquitanien - die aus Ein Löwe im Winter ;-)  - galt ja als erste Königin, die es beinahe geschafft hätte eine erfolgreiche Revolte gegen ihren Ehemann anzuzetteln, aber das ist nur die halbe Geschichte, vorher kam noch ein Kreuzzug, eine gescheiterte Ehe & jede Menge politische Intrigen.
Also genau der Stoff aus dem die besten Mittelalter-Bücher sind, no?;-)

1. Dein Buch ist zu kurz?
Zu meiner Schulzeit habe ich dieses Buch geliebt und ungefähr 20x gelesen, was - wie ich jetzt herausgefunden habe - nicht so schwer ist, weil es nicht wirklich lang ist...;-) Das kann man natürlich gut finden, wenn man was gegen die "Historienbuch = unendlich dicker Schinken" Gleichung hat, aber wenn man ein ganzes Leben als seine Geschichte betrachtet, dann führt das dazu, dass große Zeitlücken einfach mal übersprungen werden...
Das ist mir definitv früher weniger negativ aufgefallen, aber jetzt war das teilweise so: Unsere Lover zerstreiten sich, er heiratet eine andere, man einigt sich darauf, dass es vorbei ist, im nächsten Kapitel springen wir 1 Jahr weiter und er ist wieder ihr Lover, was uns in einem Nebensatz mirgeteilt wird...

2. Tell vs Show
Apropos Nebensatz, der Erzählstil in Ich-Perspektive ist an sich sehr erzähl-lastig. Ich frage mich, ob das was mit Ich-Erzählern zu tun hat, oder tatsächlich am indiviuellen Stil der Autoren...zumindest ist es mir jetzt schon wieder bei einem Ich-Erzähler aufgefallen. Vielleicht schreibe ich diese Perspektive deswegen auch nicht gerne, aber das ist eine andere Geschichte und muss ein anderes mal geschrieben werden!;-)

3. (V)Erklärende Historie?
Das größte "Problem", das ich heutzutage damit habe mir Historie als schön aufgeräumte Geschichte präsentieren zu lassen, ist, dass ich inzwischen zuviel über historische Quellenkritik weiß und darüber, das diese "narrative Interpretation" sehr schwer zu umgehen und sehr schwer wieder loszuwerden ist.
Man erinnert sich ja vielleicht noch daran, dass ich auch ein Sachbuch zu Eleanor gelesen habe und selbst da erwische ich mich selbst dabei, dass mir die (historisch vielleicht wahrscheinlichere) Version von Eleanor weniger gut gefällt, einfach weil die Romanfigur die nobleren Motive hatte, weniger persönliche Schwächen und eine einnehmendere Persönlichkeit. Was bedeutet, dass die Autorin ihren Job gut gemacht hat.;-)

Es ist das Autoren vs Historiker Problem: solange die fiktionalen Narrative keinen Anspruch erheben die Wirklichkeit (geschweige denn die "bessere Wahrheit" *grrrr*) abzubilden, kann ich den Impuls nachvollziehen die bessere Geschichte zu bevorzugen. Solange man sich dessen immer bewußt bleibt!

Das Buch ist jedenfalls an einigen Stellen nicht so gut, wie ich es in Erinnerung hatte (und von den Dicken- und Frauen-Klischees haben wir noch gar nicht gepsrochen^^), aber 3 von 5 Adler würde ich trotzdem noch vergeben für ein mögliches Narrativ anhand von dünnen Quellen.;-)

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Vielen Dank!