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21.04.2010

Vom Berufssoldaten zum Niedergang des Abendlandes

Eigentlich hatte ich gestern Abend meinen Doku-Kanal eingeschaltet, um mich ein wenig zu entspannen und als Hintergrundbeschallung für meine EInschlaflesestunde.
Tja, denkste.
Leider musste ich nämlich einen Bericht über die Auswahltest von irgendeiner Elitesoldateneinheit Fallschirmjäger, oder was weiß ich, kuken, über die ich mich dann erstmal aufregen musste, was meinem Einschlafpotential eher abträglich war.

Ich dachte bisher immer dieses Die Besten, Der Besten, Der Besten, Sir, mit Auszeichnung Getue wäre amerikanischen Filmen entsprungen und eine moderne Berufsarmee würde schon lange nicht mehr auf dieser testosterongeschwängerten Alphamännchenscheiße basieren, aber scheinbar habe ich mich geirrt.
Ich will jetzt nicht auf den populären Zug aufspringen und über Sinn und Unsinn militärischer Einsätze oder des Militärs überhaupt diskutieren. Immerhin zahlt die Rüstungsindustrie seit über einem Jahr mein Gehalt und ich arbeite mit vielen, sehr netten Ex-Militärs zusammen.

Aber was da in dieser Ausbildung gezeigt wurde, kam meinen bösesten Vorurteilen gefährliche nahe. Natürlich wurden körperliche Belastungen abgefragt, mit 3 Klimmzügen oder 5 Liegestützen kommt man da nicht weiter, schon ok. Dann soll aber auch die "psychische Belastbarkeit" der Bewerber getestet werden.
Das macht man dann einmal durch Schlafentzug, oder der unvermittelten Konfrontation mit Drucksituationen (Rollenspielen, Manövern im Dunkeln etc.) und durch fast uneingeschränktes Gruppenmobbing. Emotionsloser Kommentar der Doku:
"Die Ausbilder versuchen nun durch gezielte Blosstellungen und demotivierende Kommentare einzelne Mitglieder der Truppe zum Aufgeben zu bewegen."

Das klingt nach Gruppenmobbing bis weit über das Maß psychischer Grausamkeit hinaus und sieht auch genauso aus. Der lapidare Kommentar, es wären ja alle Bewerber freiwillig
da, kann man nicht wirklich ernst nehmen, wenn der monoton eingehämmerte Tenor lautet "Wer aufgibt, hat versagt. Wer aufgibt, ist ein Schlappschwanz. Wer aufgibt, verliert.".

Ich finde es erschreckend, dass so etwas auf offizieller Basis praktiziert wird. Sicherlich muss die Ausbildung für Kriseneinsätze auch psychologisch belastende Szenarien abdecken. Was aber eine Bande von Ausbildern dazu befähigt, einzuschätzen wie solche Belastungen realitätsnah und trotzdem für die Psyche der Bewerber überlebbar gestaltet werden können, habe ich in den 60min Doku nicht herausgefunden.
Die Art von Psychoterror, die da veranstaltet wurde, kennt jeder von uns aus pubertären Gruppenzwang Situationen - mulitpliziere diese Negativerfahrungen mit dem Faktor 100 und man kann mir nicht mehr erzählen, dass damit die psychische Belastbarkeit eines Menschen "getestet" wird.
Die Bewerber, die das überleben sind vielleicht zu 10% einfach mit einem undurchdringlichen Ignorama gesegnet, aber bei den restlichen 90% gehe ich davon aus, das aus dieser Art von Elite-Schmiede die Art von Menschen hervorgehen, die entweder vollig emotional abgestumpft sind, oder nach oben buckeln und nach unten treten - am besten auf das nächst schwächere Glied in der Kette.

Ich gebe ja zu, dass ich gerne und oft die Wichtigkeit von psychischer Gesundheit predige, aber solche Berichte und die völlige Beiläufigkeit mit der in solchen Situationen - meiner Meinung nach völlig unnötig - mentale Vergewaltigung stattfindet, erschreckt mich doch sehr.
Kein Wunder, dass die Truppenpsychologen mit der Versorgung der Soladten nicht mehr hinterherkommen, wenn man eigentlich erstmal die Traumata aus der Ausbildung wieder ausbügeln müsste, bevor man sich auf Dinge konzentrieren kann, die für den Einsatz wirklich wichtig sind.

Frauen finden übrigens in diesen Bewerbungstrainings eigentlich nie statt, laut Meinung der Ausbilder "weil der körperliche Anspruch zu groß ist". Meiner Meinung nach kann die durschnittliche Frau auf diese Art von Psychoterror einfach verzichten, oder gar nicht weit genug abstumpfen, als das sich die paar 1000€ Zusatzgehalt lohnen würden.

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