Es begab sich ja in der letzten Folge etc, dass ich ungebremst den Academia Nerd Modus zelebrieren durfte - ich bin immer noch nicht überzeugt, dass das für irgendwen außerhalb von meinem Kopf erträglich ist, aber das ist ja das Schöne am Internet, man kann seine Nerdiness einfach rauspusten und dann sehen was passiert.;-)
Es gibt dazu bestimmt noch das Eine oder Andere aufzuarbeiten, weil mir wie immer wenn ich einfach mal drauf loserzählen soll, irgendwas entfällt, aber heute haben wir dazu keine Zeit, denn wir müssen dringend die nächste Folge etc vorbereiten, in der es um Plot- und Charaktergetriebene Geschichten gehen wird: Was das heißt, was das soll, wie man das macht und warum so viele Menschen falsche Vorstellungen davon haben.
1. Character Arcs und die Macht des Subplots
Auslöser unserer "wir müssen da dringend JETZT eine Folge zu machen" Diskussion war unter anderem das obige Video, in dem es um "entwicklugnslose Charaktere" geht - Beispiele Marty & Doc Brown aus Zurück in die Zukunft, der Mensch aus Gladiator* und Katniss aus Hunger Games.
Ich weiß nicht, wie es Menschen geht, die Zurück in die Zukunft und Hunger Games weniger oft konsumiert haben, aber ich hatte diesen konstanten "this is bullshit" Chor in meinem Kopf, weil....diese Charaktere sind nicht Entwicklungslos, kein einziger...
Wie kommt es also dazu, dass ich diametral entgegengesetzter Meinung bin?
Ich gehe davon aus, dass das daran liegt, dass der Macher des Videos eine fundamentale Wahrheit des Plotgetriebenen Schreibens nicht berücksichtigt hat:
Deine Charakterentwicklung findet im Sub-Plot statt, das ist die Macht und der Grund des Sub-Plots.
Die globale "Regel" des Plots (Zeitreisen sind möglich./Die Regierung ist böse.) als Stellschraube für die Charakterentwicklung zu betrachten, ist eine der schlimmsten (meiner Meinung nach ymmv) misconceptions, die man über das Plotgetriebene Schreiben haben kann, denn sie ist nicht in der Macht des Protagonisten, was auf die meisten Plotgetriebenen "Auslöser" für eine Geschichte zutrifft. Siehe dazu auch den Ausflug zu aktiven vs. passiven Protagonisten...komisch eigentlich, dass kein Star Wars Charakter in dem Video auftaucht, denn nach dieser Definition sind fast alle Plotgetriebenen Helden "Entwicklungslos".
Die Macht des Sub-Plots in Plotgetriebenen Geschichten ist die Frage "Wie?" - Wie geht der Charakter mit der Stellschraube des Plots um? Wer hilft ihm wie dabei? Wie lernt der Charakter daraus, um die äußere Bedrohung zu überwinden?
Und das lässt sich so einfach durchexerzieren, dass sich mir nicht erschließt, wie man das verpassen kann...
Wenn deine Plotschraube ist "Zeitreisen sind möglich" (über alle 3 Filme):
- Lernen deine Figuren, dass Zeitreisen gefährlich sind
- Dass diese Technologie bei allem Fortschirtt zu viel Mißbrauch ermöglicht, um sie mit irgendwem zu teilen
- Dass es wichtig ist für sich selbst einzustehen, weil das sonst furchtbare Auswirkungen für die Zukunft haben kann
- Dass es wichtig ist sich nicht immer blind in jeden Konflikt zu werfen, weil das sonst furchtbare Auswirkungen für die Zukunft haben kann
Und wenn deine Plotschraube ist "Die Regierung ist böse." (über alle 3 Bücher):
- Lernen deine Figuren, dass es möglich ist sich dagegen zu wehren
- Dass das eigene Überleben eventuell nicht das wichtigste Gut ist
- Dass es wichtig ist sich selbst treu zu bleiben, weil man sonst zu dem wird, was man bekämpfen wollte
- Dass das Ende eines Konflikts nicht heißt, dass plötzlich wieder alles gut werden muss
Wo ist da der "Entwicklungslose Charakter"? Und was noch wichtiger ist: Was glaubst du denn worum es in der Geschichte geht, wenn du diese Definition anlegst?
2. Deine Tagline ist nicht der Plot!
In dem obigen TED Talk kann man sich anschauen, wie Geschichten (hier sind es Bücher, aber für Filme funktioniert das genauso) aus "Marketingaspekten" betrachtet werden - als Verbindung von Dingen, die man schon kennt und vor allem als Taglines, die in einem Satz zusammenfassen sollen "Worum es geht".
Und wenn man das mal durchexerziert fällt einem schon wieder auf, dass das "Was passiert" nicht die Tagline für Plotgetriebene Geschichten ist, sondern das "Wie reagieren die Charaktere darauf".
Und das hat einen völlig simplen Grund:
Taglines sollen die die "universelle Wahrheit" der Geschichte ausdrücken, also das was dem Leser bekannt vorkommen könnte. Zum Beispiel eine Geschichte darüber wie man lernt verantwortungsvoll mit Technologie umzugehen, oder wie man den blinden Zwang überwindet sich vor jedem hergelaufenen Idioten beweisen zu wollen. Denn wer hat schon eine Zeitmaschine? Was für eine dämliche Tagline wäre das, wer soll sich da wiederfinden?
Die Marketing Linie für Elysion wäre also wohl nicht "Elfen und Drachen hauen aufeinander ein", sondern "Herr der Ringe meets Die Schöne und das Biest" oder auch "Wie sich der Prinz und das Mädchen verliebten und aus Versehen ihre Welt ins Chaos stürzten". Ok gut, ich bin kein Genie was das Ausdenken von Taglines angeht, aber man sieht was ich meine, no?;-)
Um also diese ewig lange Vorrede zur nächsten etc Folge abzuschließen:
Aus meiner Sicht kann man nur von "Entwicklungslosen Charakteren" sprechen, wenn man die fundamentalen Regeln des Plotgetriebenen Schreibens nicht oder zumindest falsch verstanden hat.
Was natürlich nicht heißt, dass es keine entwicklungslosen Charaktere geben kann und daher gibt es noch ein Bonus-Video, einfach weil es lustig ist.
3. Bonus: Was ist, wenn mein Protagonist die Motivation hat, nie irgendwas dazuzulernen?
Geht natürlich auch, kann sogar lustig sein, aber ist auch irgendwie traurig, also vielleicht nur mit Vorsicht verwenden...;-)
Mehr dann dazu demnächst!
*Wird in dieser Besprechung ausgeklammert, weil die Autorin offensichtlich keine Ahnung von der Materie hat.;-)
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