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13.05.2019

Black Panther. Oder: Civil War - ein richtiger diesmal.

Puh, Teil 3 der MCU Aufholjadt und ich muss gestehen an diesem Punkt des Marathons - die Rezis liegen Welten weiter voneinander entfernt, als wir die Filme gesehen haben - hatte sich bei mir schon eine gewisse Ermüdung eingestellt, weil es doch irgendwie immer alles Dasselbe ist...
Merke also: Marvel-Filme sind eventuell nicht das beste Binge Material, aber zum Glück hatte Black Panther den "der Trailer sah so großartig aus" Bonus, das hat nochmal ein bisschen Auftrieb gegeben.;-)

In dieser letzten Rezi wollten wir uns auf philosophische Konzepte konzentrieren und das ist  argumentatorisch ein wenig aufwendiger und daher braucht es nicht nur den Honest Trailer, sondern noch ein 2. schlaues Video, einfach weil wir ein bisschen über Storycraft sprechen und da macht der Film ziemlich viel - wenn auch nicht alles - ziemlich gut!



1. All hail the Set-Designer!
Der Großteil des Writing Lesson Videos beschäftigt sich damit, dass T'Challa keine Witze reißt und deswegen ein ernstzunehmenderer Held ist, als Thor. Ich habe mich dazu in der letzten Rezi ausgiebig geäußert und nutze daher mal den Synergie-Effekt, um mich nicht zu wiederholen. Ich empfinde One-Liner und Charaktertiefe persönlich nicht als gegenteilige Extreme, aber zu T'Challa wie man ihn in Civil War kennen gelernt hat - er war das Beste in diesem Film! - passt es auch einfach nicht und daher kriegt der Film schonmal einen goldenen Gummipunkt für konsitente Charakterisierung. Ja, es klingt so, als wäre das ein Duh-Punkt, aber leider ist es nicht selbstverständlich, dass das funktioniert...but I digress!;-)
Einige Kollegen fanden den Film langatmig, was eventuell daran liegen könnte, dass man vom MCU mehr Comic-Relief gewöhnt ist und die in einem Origin-Film normalen, langen Exposition-Sequenzen mehr herausstechen, einfach weil Geek-Schwester-Shuri die übliche Humorquote nicht alleine tragen kann. Mich persönlich hat das aber nicht gestört, denn 1. Shuri ist schon ziemlich witzig & eine gute gemachte Familiendynamik ist immer ein Pluspunkt und 2. Wakanda sieht einfach großartig aus, schon damit kann ich den ganzen Film verbringen!
Ehrlich, die Kostüme, das Set-Design, die Massenszenen und Technick-Gadgets waren so spannend, man (aka ich) wusste gar nicht, wo man zuerst hinschauen soll. Leeeiiiiichte Abzüge gibt es wie immer in der klobigen CGI Technik wann immer es um Tiere geht, aber echte Nashörner für den Kampf abzurichten fände ich noch schlimmer, also alternativlos und #mussso!;-)
Mein persönliches Lieblingsset war tatsächlich das Labor mit Blick auf die Mine - ich fand die Libellen-Spaceship-Designs ziemlich cool und die afrikanischen Malereien in dem weißen Apple-Store-Labor mit sehr viel Detail-Liebe eingebunden.
Und der Black-Panther-Anzug mit Kinetik-Speicher war einfach eine sehr sehr großartige Idee - keine Ahnung, ob es die Technik auch in den Comics schon gab, aber wer auch immer auf den Einfall gekommen ist, man kann einfach mal anerkennen wenn jemand einen wirklich guten Plotpoint einführt; und die Kapazitäten und Funktionsweisen des Anzugs werden so organisch in die Story eingebaut und man kann danach sofort soviel Spaß damit haben, dass es mich sehr erfreut hat.

2. Authorität durch Folklore - eine Grauzone
Punkt 1 in meiner persönlichen "darüber musste ich nochmal eine Nacht schlafen" Liste von Dingen, über die man in Black Panther nachdenken kann, ist der Umgang mit Tradition. Und damit meine ich jetzt mal ausschließlich den In-Universe-Umgang, ich bin mir im Klaren darüber, dass sich viel kulturelle Signifikanz dieses Films an diesem Thema festmacht, aber da mir für die real-exisitierenden Parallelen jegliches Hintergrundwissen fehlt, werden wir hier erstmal nur Werk-Immanent argumentieren!
Ich war mir zuerst nicht ganz sicher, ob mich der Film-interne Umgang mit dem Traditions-System von Wakanda wirklich zufriedenstellt, aber das liegt auch daran, dass ich ein massives persönliches Problem mit Authoritätsübertragung durch Folklore habe (was mehr oder minder die Übersetzung von 80% der Bedeutung von Tradition ist;-). Und das liegt einfach daran, dass jede Authorität, die sich auf Folklore stützen muss in meinen Augen unverdient ist. Und die unverdiente Übertragung von Authorität (in meinem Universum) fast immer der Auslöser ist von allem was verkehrt läuft in dieser Welt. Könige, Fürsten, Priester, Familienoberhäupter und andere Sittenwächter haben es also schwer bei mir.
Es kam mir also erstmal ziemlich merkwürdig vor, dass ein hoch-technologisiertes Land wie Wakanda kein stabileres (was der Geheimhaltung zuträglich wäre...?) Regierungssystem findet, als "die beste Tötungsmaschine darf König sein, bis ihn der nächste Depp mit halbwegs berechtigtem Claim herausfordert". Aber darin liegt ja eigentlich auch schon der Film-interne Kommentar: Erik/Killmonger macht ja scheinbar alles richtig und spielt die Regeln des Systems zu seinen Gunsten aus. Es ist also mehr oder minder eine glückliche Fügung, dass T'Challa nicht stirbt, denn ansonsten hätte Erik die Authorität-vergeben-durch-Folklore auf seiner Seite und das würde (zumindest soweit wir sehen) zunächst auch niemand ernsthaft in Frage stellen.
Ich fand es sehr schade, dass diesem "wie bewahren wir Traditionen, aber gestalten auch ein friedliches Zusammenleben für alle" Punkt zum Ende hin keine wiiirkliche Aufarbeitung mehr zukommt, weil die Frage ob und wie sich Wakanda der Welt öffnet 100% Fokus bekommt - und ich verstehe das, es ist der Hauptkonflikt des Films, aber ich persönlich liebe die kritische Auseinandersetzung mit "das haben wir immer schon so gemacht" und Erik hat ja auch so einiges davon ziemlich durcheinandergewürfelt, von daher hätte ich mich hier über ein paar mehr Filmminuten zu dieser Frage gefreut. Aber mit Aufarbeitung im dritten Akt war ich sowieso nicht ganz glücklich und jetzt wird es lang!;-)

4. Killmonger vs Nakia - ein philosophischer Gegensatz
Ich wage mich mal in unpopuläre Meinungen Territorium und gestehe, dass ich ein wenig unterwältigt war von Killmonger als Bösewicht - das liegt aber zu 100% nicht an der Figur an sich, oder an Michael B. Jordan, der großartig ist in diesem Film, sondern an der Über-Hypung durch Menschen, die nicht wissen, was ein "moralisch grauer" Charakter ist. Abseits von diesem Balast, ist Killmonger die perfekte Weiterentwicklung von Vulture aus Spiderman - sein Trauma und Emphatiepunkt sind umso stärker, weil sie eine weitere gesellschaftlich-kulturelle Komponente beinhalten, die Michael Keatons Figur einfach fehlte, auch wenn ansonsten so ziemlich alles was ich zu Villain Stuff in Spiderman Homecoming schrieb übertragbar ist. Ich will mich deswegen auch nicht zu sehr wiederholen, aber seine Überschneidungen mit Hela - ein Monster, das nur Krieg und Tod gelernt hat, von seiner Familie verraten wurde und jetzt zurückkommt, um wahllos alles zu zerstören weil es persönliche, egoistische Rache will - sind zwar schon auch vorhanden, entmenschlichen mir den Konflikt des Charakters aber zu sehr. Hela ist das personifizierte Armageddon - Killmonger in seiner Bösewicht-Inkarnation steht in einem essentiellen Philosophischen Gegensatz zum Helden der Geschichte und mein einziges Problem mit diesem Punkt des Films ist, dass T'Challa an der Stelle nicht mein präferierter Held ist...
Ich habe tatsächlich den Honest Trailer gebraucht, um mich darauf zu stoßen, was mir an dieser ganzen Veränderung vs. Status Quo Identitätsfindung von T'Challa gefehlt hat. Es ist, wenn man so will, das message Problem aus Ragnarok Revival: Dass sich Wakanda verändern muss und dass "mit großer Macht große Verantwortung kommt", weswegen sich in seinem Wohlstand hinter Mauern zu verschanzen eventuell nicht so cool ist - all das wäre ein wunderbarer High-Point für seinen Character Arc zum dritten Akt hin. Das einzige Problem ist, dass Nakia dieses Argument DEN GANZEN FILM ÜBER macht, was den schönen Lerneffekt zu einem "na toll, endlich hat er den Schuss auch gehört" degradiert.
Nakia lebt nach Ghandis Prinzip "Be the Change you want to see in the World", das quasi den Grundpfeiler pazifistischen Widerstandes bildet. Killmonger vertritt das Prinzip gewalttätiger Revolte und da ich überzeugter Pazifist bin, nehme ich es dem Film persönlich ein wenig übel, dass für einen Großteil des Plots so getan wird, als würde nur Gewalt gehört und als bräuchte es alternativlos einen blutigen Bürgerkrieg, damit unser eigentlicher Held T'Challa lernen kann, was er lernen muss...
Natürlich kann man argumentieren, dass sein massives Scheitern (Erik kommt ja nicht durch einen Putsch an die Macht, T'Challa lässt das zu 'weil Tradition' s.o.) für seinen Character-Growth gebraucht wird. Ich sehe das ein, aber mit genau demselbem Argument bringen etliche Filme immer die Frau des Helden um. "Our hero needs to learn a lesson, who can we kill?" ist einfach so ein Trope, dass mich dazu bringt den Fernseher anzumotzen...wie immer ymmv.

5. Bürgerkrieg in Wakanda - oder auch: That escalated fast...
Der zentrale Konflikt von Black Panther ist also "Forcing Change" und wie man das macht - eine Auseinandersetzung von Herangehensweisen, die sehr aktuell ist und ich denke nicht, dass das ein Versehen ist: "Man kann Umsturz nicht herbeistreicheln" auf der einen und "Gewalt erzeugt immer Gegengewalt" auf der anderen Seite. Ich würde meine vollste Unterstützung hinter die Position von Nakia werfen und daher fand ich es ein wenig entäuschend, dass der "Endkampf" dann auch so scheinbar aus dem Nichts eskaliert, auch wenn die Choreo super aussieht. Ich fühlte mich an Civil War erinnert und wer mich kennt weiß, dass das nicht sooo ein gutes Zeichen ist...
In dem Moment in dem T'Challa ganz traditionsgemäß auf sein Re-Match pocht, scheißt nicht nur der Bösewicht auf diese Tradition, sondern auch W'Kabi, einer der Stammesführer, der mit einem Fingerschnippen bereit ist seine Landsleute in einen Bürgerkrieg zu werfen, weil...? Ich bin fest davon überzeugt, dass meine Präferenzen kein Narratives Naturgesetz sind, aber hier fehlte mir das Set-Up für diesen Charakter-Motivations-U-Turn, es sei denn "wir brauchen noch eine Action-Set-Piece für den Schlussakt" darf gelten.
Wenn man den benefit of the doubt anbringen wöllte, könnte man hier das Umdenken re Traditionen in einem Wakanda-weiten Umfeld festmachen, aaaaber auch dafür hätte es für mich ein bisschen mehr Aufarbeitung am Ende gebraucht...
Und apropos Aufarbeitung: Die Tatsache, dass Okoye auch noch der Love Interest für den abtrünnigen W'Kabi ist - ok das wird nur in einem Nebensatz vorher mal so erwähnt und hat jeder in dem Moment schon wieder vergessen - ist dann auch erst wieder relevant, als man einen Endpunkt für den Kampf finden muss. Romance spielt in den MCU Filmen immer nur eine untergeordnete Rolle und meistens stört mich das auch nicht, aber das war sogar mir dann doch ein wenig zu lieblos hingeworfen...Und warum außerdem die anderen Typen auftauchen, die vorher nichts mit dem Konflikt zu tun haben wollten, erfahren wir auch nicht, ich hätte mir zumindest das obligatorische Respectness Nicken gewünscht...oh well. Halten wir fest Civil War kann Marvel einfach nicht, zumindest nicht so, dass es für mich überzeugend wirkt.

Aber um nochmal auf die Sache mit den philosophischen Differenzen zurück zu kommen:
Es war sehr befriedigend, dass die Erkenntnis, dass es Erik eigentlich nie im the greater good, sondern immer nur um seine persönliche Rache ging, zumindest noch in seinen Redemption Moment gepackt wird (das fehlte mir bei Vulture definitiv!) - es ist eine der stärksten Szenen im Film, auch wenn ich es etwas schade fand, dass er stirbt...öhm Spoiler by the way...;-)
Es ist für die Figur schon passend, aber ich finde immer der Charaktertod ist eine der weniger spannenden Konsequenzen des Scheiterns und ich hätte gerne mehr Michael B. Jordan in den nächsten Filmen gehabt...naja vielleicht holen sie ihn ja noch für einen Redemption Arc zurück.
Und was das "letzte Wort" in der Sache angeht, ist es natürlich schon so, dass am Ende gemacht wird, was Nakia die ganze Zeit schon wollte - ich hätte mir nur gewünscht, dass ihr der Credit dafür gegeben worden wäre, dass 50% des Konflikts hätte vermieden werden können, wenn unser Held seiner Freundin einfach mal zugehört hätte, statt sie nur anzustarren wie eine Antilope im Scheinwerferlicht (das war immerhin ein netter One-Liner;-).

Trotzdem krieg der Film zum Ende hin die Kurve und man darf meinen Punkt Abzug von mir aus gerne unter "die muss halt immer was zu meckern finden" ablegen, das stört mich gar nicht! ;-) Ich einige mich mit mir selbst einfach auf die üblichen 4 von 5 Rhinos. Und jetzt muss ich dringend mal wieder was anderes sehen am besten ohne Superhelden...;-)

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