Lies Sleeping als - so zumindest mein Eindruck - Zwischen-Abschluss eines Story Zyklus innerhalb der Serie macht wieder einiges besser als sein direkter Vorgänger und ich habe dadurch auch meine ursprüngliche Begeisterung für diese Figuren wiedergefunden. Es ist ja nicht so, dass ich die Welt und die Charaktere nicht mag - wer mich kennt, weiß, dass ich keine 5000Worte Blogposts verfasse für Dinge, die mich emotional kalt gelassen haben;-) - aber ich muss leider noch ein wenig Villain-Bashing betreiben. Es wird aber der einzige, wenn auch große, Motzpunkt sein und allzuviel spoilern werde ich auch nicht, denn das Buch ist ja noch realtiv neu.
Außerdem enthält der Klappentext eigentlich schon alle Spoiler, die ich brauche, also bin ich da aus der Schuldfrage eh raus.;-) Worum geht's also in Lies Sleeping?
Martin Chorley, aka the Faceless Man, wanted for multiple counts of murder, fraud and crimes against humanity, has been unmasked and is on the run.
Peter Grant, Detective Constable and apprentice wizard, now plays a key role in an unprecedented joint operation to bring Chorley to justice.
But even as the unwieldy might of the Metropolitan Police bears down on its foe, Peter uncovers clues that Chorley, far from being finished, is executing the final stages of a long-term plan.
A plan that has its roots in London's 2,000 bloody years of history and could literally bring the city to its knees.
To save his beloved city, Peter's going to need help from his former best friend and colleague - Lesley May - who brutally betrayed him and everything he thought she believed in. And, far worse, he might even have to come to terms with the malevolent supernatural killer and agent of chaos known as Mr Punch....
1. Hören ist das Bessere Lesen
Ich finde mich ja immer mal wieder mit der seltsamen Annahme konfrontiert, dass "Hörbücher keine echten Bücher" sind und wenn man ein Hörbuch gehört hat, hat man nicht wirklich das Buch gelesen...
Ich bin thoroughly confused was ich zu so einem Unsinn sagen soll - es steht jedem Menschen frei keine Hörbücher zu mögen, ich mag auch keine Erbsensuppe, aber deswegen spreche ich Erbsen noch lange nicht ab, ein Gemüse zu sein, oder einen Nährwert zu haben...
Aber einen "sorry das sehe ich anders" Schritt muss ich dann doch machen, denn manche Bücher funktionieren einfach besser als Hörbuch. The Historian hatten wir ja schon - es ist sooo viel einfacher der Story zu folgen, wenn man sich nicht ständig selber daran erinnern muss wer gerade der Erzähl-Charakter ist - aber Rivers of London ist ein genausogutes Beispiel. Ich vergebe viele "Schwächen" der eingeschränkten Ich-Erzähler Perspektive, weil Kobna Holdbrook-Smith in meinem Kopf einfach Peter Grant ist. Er macht als Voice Actor einen hervorragenden Job und das bereichert die Geschichte ungemein. Also wie immer ein goldener Gummipunkt nur dafür! :-)
2. Verbinde und herrsche
Es ist glücklicherweise eingetreten, wofür ich schon im letzten Buch plädiert habe - wir haben den Bösewicht entarnt und jetzt geht es relativ unkompliziert darum ihn zu stellen. Complicated shit und 6-Parteien-Stand-Offs gehören also der Vergangenheit an und diesmal schaffen sie es sogar mit nur sehr überschaubarer Plot Coincivenience dafür zu sorgen, dass Peter die spannenden Actionszenen haben darf und wir nicht nur aus dem Off Nightingale zuhören dürfen. Das hilft dem Pacing und dem Spannungsaufbau ungemein, an diesen ganzen Dingen habe ich also gar nichts mehr auszusetzen.
Kommen wir mal zum großen ABER.;-)
3. Vorsicht mit der Nazi-Keule
Unser Bösewicht hatte sich ja im letzten Band als leicht beschränkter Make Britain Great Again Idiot geoutet und das belastet leider die weitere Geschichte wie die Geister, die man gerufen hat, aber jetzt nicht mehr in die Flasche zurückbekommt, denn die große Frage bleibt ja:
WIE KANN LESLEY DAS GUT FINDEN?
Ich sagte ja, dass der einzige Spoiler, den ich für meine Review brauche, schon im Klappentext vorkommt und es ist dieser: Der Autor hat beschlossen, dass Peter und Lesley sich im Ende gegen den Bösewicht verbünden müssen sollen - dieses Ende war (es scheint ein neuer Trend zu sein) scheinbar so sehr in Stein gemeißelt, dass dadurch leider im ganzen Buch keine ehrliche Unterhaltung darüber zustande kommt, wie Lesley es eigentlich mit ihren Moralvorstellungen vertreten kann mit einem brutalen Psychopathen-Nazi zusammen zu arbeiten.
3.a Den Sand in den Kopf stecken
Wenn man die Dinge, die Lesley behauptet und die Dinge, die man über und durch Peter weiß, mal knallhart aufeinander treffen lassen würde, sähe das so aus:
Sie behauptet es ginge ihr nicht um "egoistische Gründe", wie z.B. dass Bösewicht ihr mit ihrem Gesicht geholfen hat, sondern um "the Greater Good".
- Wir erfahren leider nicht wie ein "gesäubertes Britannien" für Menschen wie Peter besser sein würde, weil er ihr diese Frage nicht stellt
- Es wird dem Leser außerdem recht schnell klar, dass es ihr hauptsächlich um Rache an Punch geht, was man eigentlich auch zu mindestens 50% unter egoistische Gründe verbuchen müsste, wenn man ehrlich ist, aber auch dieses Gespräch führen wir nicht
Sie sagt, es muss niemand verletzt werden, wenn man sie nur in Ruhe machen lässt
- Allein im Auftakt dieser Geschichte sterben 1 Mensch und 1 Fairy, weil sie in Bösewichts Machenschaften verwickelt waren und er nicht wollte, dass sie reden
- Er hat mindestens einer Frau mit einer Schrotflinte ins Gesicht geschossen, nur um zu üben wie man Lesleys Gesicht wieder rekonstruieren könnte
- Lesley selber sabotiert eine "Probe Opferung" - Bösewicht entscheidet also einfach Wesen zu kidnappen und ausbluten zu lassen, ohne dass "Peter das Schuld ist, weil er sich nicht raushalten kann"
Lesley schießt außerdem jemanden, den sie kennt kaltblütig über den Haufen (ja kaum Spoiler, ich halte mich dran;-), aber trotz allem sind Peter und sämtliche anderen Charaktere in diesem Buch felsenfest davon überzeugt, dass "noch Gutes in ihr ist" und man sie wieder zurückholen kann...
Das liest sich auf Dauer unglaublich frustrierend, weil diese Delusion nur durch die Tatsache aufrecht zu erhalten ist, dass all diese knallharten Faktendialoge einfach nicht geführt werden. Denn wenn ein moralisch integerer Charakter wie Peter einem vor allem an Überleben und eigennützigem Selbstbetrug interessierten Charakter wie Lesley das alles mal zu 100% aufs Butterbrot schmieren würde, müsste man zwangläufig zu der Erkenntnis kommen, dass diese beiden Leute nicht mehr befreundet sein können.
Aber das geht ja nicht, weil in Stein gemeißeltes Ende & Because Plot, also reden wir einfach nicht darüber. *argh*
Ich bin bereit anzuerkennen, dass Menschen bereit sind vieles zu übersehen und grundlos optimistisch zu sein, wenn es um ehemalige Freunde geht, aber hier wird das einfach teilweise schmerzhaft. Mein bestes Beispiel dafür ist allerdings tiefes Spoilertum, daher füge ich es unten an, damit man es ignorieren kann.*
Insgesamt muss ich mich also mit 4 von 5 Kokosnüssen zufrieden geben - gutes Pacing, spannende Story, sehr gute Action zum Schluss, aber die"der Charakter, der immer nur schweigend daneben steht, während ihr Verbündeter schreckliche Dinge tut, ist deswegen nicht selber böse" Litanei ging mir auf die Nerven. Actions speak louder than words und so.
*Hier mein Spoiler Take und ja ich habe mich ein wenig aufgeregt über diese Stelle, also nehme ich ein wenig zurück was ich eingangs sagte...;-)
Es begibt sich im Laufe des Plots, dass Lesley & Bösewicht Peter kidnappen, damit er endlich aufhört ihre Pläne zu stören (solider Plan, kein Problem damit). Als Bewacher bekommt er eine von Mollies Fairy-Schwestern, mit der er sich vorsichtig anfreundet.
Irgendwann erzählt sie ihm, dass sie quasi eine Sklavin ist und deswegen nicht anders kann, als Bösewicht zu gehorchen.
Und Peter geht dann hin und konfrontiert Lesley damit, dass Sklaverei nicht wirklich cool ist. Da war ich dann mal wirklich, wirklich erfreut, denn endlich reden wir mal Tascheles!
Ja Pustekuchen, denn dieses Gespräch läuft so:
Er: Hey, wusstest du, dass Sklaverei illegal ist? Auch nicht richtig cool und so...?
Sie: Wie Sklaverei, wer ist versklavt?
Er: Meine Bewacherin fühlt sich wie eine Sklavin, hat sie mir selber erzählt.
Sie: Quatsch, das bildet die sich nur ein.
Er: Sicher?
Sie: Selbst wenn, wie ist das anders als Mollie?
Er: Ja ok, ist ein Punkt.
Und ich so: WAS?! WO IST DAS EIN PUNKT??!
Das ist das Paradebeispiel für Dialoge, die unheimlich frustrierend sind, denn es ist einfach nicht vorstellbar, dass gerade ein Charakter wie Peter der Aussage zustimmen könnte, dass ein keinen Unterschied macht, ob jemand ein Hausmädchen ist, oder sich als Sklavin fühlt.
Sicher, wir erfahren nur wenig von Mollies Hintergrund und das viktorianischer Hausgeist Klischee ist vielleicht ein wenig problematisch, aber man hat in den gesamten Büchern nie den Eindruck gewonnen, dass Mollie unter ihrer Situation leidet - und es ist nicht vorstellbar, dass hätte sie JEMALS geäußert, dass sie sich als Sklavin fühlt, Peter nicht Himmel und Hölle in Bewegung gesetzt hätte, um sie zu befreien.
Und das ist ein HIMMELWEITER Unterschied, ABER diese Unterhaltung führen wir nicht, denn dann würden wir zwangsläufig darauf hinauslaufen, dass diese beiden Leute eigentlich nichts mehr gemeinsam haben, egal ob sie früher mal befreundet waren, oder nicht.^^
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