Ich denke, ich brauche erstmal einen Disclaimer für alle, die auf diesen Post geklickt haben werden (Futur II bitches!;-) nur wegen dem thumbnail für unser schlaues Video des Tages und jetzt irgendwelche Einsichten und/oder Rants zu Game of Thrones erwarten...
Also #confessiontime: Ich habe noch nie Game of Thrones gesehen. Ich habe auch die Bücher nicht gelesen und eigentlich habe ich es auch nicht vor. Das heißt nicht, dass wir nicht über das sprechen, was Lindsay Ellis in unserem schlauen Video erklärt, aber wer einen GoT Post erwartet...ja sorry, das wird keiner....;-)
Aber - so höre ich meinen Inneren Zensor flüstern - wenn es nicht um GoT geht, warum dann ein clickbaity GoT Video verlinken und worum geht es eigentlich dann?
Es geht um Plotgetriebene Geschichten, Mysteries, WhoDunnit Stories, Die Versammlung, Unreliable Narrators, Leser-Charakter Wissen, Shakespeare Villains und das Unterwandern von Erwartungen als Plot-Device. Und das ist doch schonmal eine ziemlich lange Liste von Dingen, die ziemlich spannend klingen, no?;-)
Wer also wissen möchte inwiefern "schlauer sein als Reddit" zu schwierigen Geschichten führen kann und was das Ganze mit GoT zu tun hat, der sei herzlich eingeladen sich unser schlaues Video des Tages anzusehen - ich steige dann wieder ein mit dem Rest der Themenliste!
Ich erlaube mir mal unsere Pet-Peeves Podcast-Folge zu relativieren, in der wir (glaube ich) auf so ziemlich jedem Plot-Twist ever rumgetrampelt haben und diesem ganzen Storytelling Device seine Daseinsberechitgung absprechen wollten und gestehe:
Für manche Plots und zum Spannungsaufbau sind manche Twists einfach notwendig...yes shocking, I know... ;-)
Ich bin ein bisschen altersmilde geworden durch die 2,5 Jahre, die ich jetzt mit der Versammlung verbracht habe - es ist schlicht Konvention, dass ein Krimi-Mystery Plot sowas wie einen Twist am Ende hat und es wäre mir tatsächlich nicht eingefallen an dieser Konvention zu rütteln (nicht, dass man es nicht könnte).
ABER:
Die Versammlung ist - absichtlich - eine WhoDunnit Story ohne WhoDunnit. Der Leser hat eigentlich immer (fast) alle Informationen, die notwendig sind, um zu wissen wer was warum tut und ist damit den Charakteren mindestens 1 bis 10 Schritte voraus.
Wo ich diese Idee her hatte? I'm glad you asked me that!
Es ist tatsächlich eine tief verwurzelte Überzeugung in mir, dass Spannungserzeugung möglich ist, ohne den Leser/Zuschauer im Dunkeln zu lassen und das habe ich tatsächlich von Shakespeare gelernt. Iago und Hamlet sind meine Lieblingsbeispiele für einen Bösewicht und einen Unreliable Narrator, die dem Zuschauer zu 100% des Plots völlig offensichtlich sind.
Wir *wissen* dass Iago manipuliert und lügt und betrügt und mordet und nur auf seinen eigenen Vorteil bedacht ist und *gerade deswegen* warten wir ungeduldig auf den Moment, in dem die Charaktere ihn endlich auch durchschauen - beinahe dasselbe Prinzip ist wahr für Hamlet. All diese laaaangen Asides, die für Schauspieler so awkward zu spielen sind, tun nichts anderes als uns genau zu erklären was er wann warum tut - und uns daran zweifeln zu lassen, dass er wirklich nicht mehr alle Kugeln am Tannenbaum hat.;-)
Fazit: Spannung erzeugen ohne die unbedingte "Unterwanderung von Erwartungen" und großen "Surprise Twist" ist also möglich - es ist nur eine andere Spannung. Es ist die Spannung erzeugt durch die Ewartung, das an irgendeinem Punkt das Charakter-Wissen "aufholen" muss und die Spekulationen darüber wie unsere Charakere dann damit umgehen werden, gewürzt mit ein wenig revenge fantasies wenn es um Figuren wie Iago geht...;-)
Und hier erreichen wir ein großes Problem von heutigem "konventionellen Storytelling" - die Annahme dass es für eine spannende Story unabdingbar ist, dass Erwartungen Unterwandert werden und ein Surprise Twist das einzige Ende für Plots sein kann, führt im Zeitalter des Internets und Serien (ob in TV oder Buchform) zu Storytelling, das ständig versucht schlauer zu sein als Reddit.
Und das ist eine wiiirklich dumme Idee, denn viele Fans eines beliebigen Franchise sind einfach clever oder vermutlich sogar cleverer als du und das ist nur dann schlecht, wenn du als einsamer kleiner Schreiberling versuchst einen Hive-Mind zu "überlisten".
Und wenn wir trotzdem zwangsläufig auf einen Twist hinauswollen, den niemals jemand hätte kommen sehen können, obwohl wir kaum schlauer sein können, als die Summe der Menschen im Internet? Dann kann so ein Twist nur aus dem Nichts kommen, weil er literally keinen Sinn macht. Der Hive-Mind hat nicht darüber nachgedacht, weil es buchstäblich keinen Grund und keine Grundlage gab in diese Richtung zu denken....jaaa....
Das heißt ein 100%iger Surprise Twist kann ab irgendeinem Punkt eigentlich nur daraus resultieren, dass man ihn (fast) nicht aufgebaut hat und wer sich an die Regel von Set-Up und Pay-Off erinnert, wird vielleicht verstehen, warum ich diese Art von Geschichten nicht mag.
Tine sagte es glaube ich so: Ich möchte nicht vom Storytelling verarscht werden. Es ist kein Versehen, dass wir Dinge wie Set-Up und Pay-Off befriedigend finden und Stories, die einen der beiden Punkte vernachlässigen (aus welchem Grund auch immer) befriedigen mich üüüüberhaupt nicht...wie immer ymmv.
Das war jetzt sehr lang und rambly (sorry...) und eigentlich nur ein Grund nochmal zu erzählen, dass ich (oft) Plot Twists nicht mag, was der Grund ist, warum Die Versammlung (fast) ohne auskommt und dass es mir überhaupt nicht leid tut, dass das so ist...was jetzt noch nicht heißt, dass ich das auch alles gut umgesetzt habe (das liegt vermutlich wie immer im Auge des Betrachters), ich wollte nur darauf hinaus, dass es kein Versehen ist...;-)
Den Rest meines "was ich von diesem Projekt gelernt habe" Clean-Up machen wir vermutlich in Video-Form, denn ich kann viel schneller reden als tippen!
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Vielen Dank!